Tiermehl unterfällt zum Teil nicht mehr der Abfallverbringungsverordnung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Tiermehl, das ausschließlich zur Verwertung bestimmt und der grünen Liste zuzuordnen ist, dem Notifizierungsverfahren der EU-Abfallverbringungsverordnung 295/93 nicht unterliegt. Allerdings muss die Verbringung den Anforderungen entsprechen, die sich aus den Vorschriften der EU-Hygieneverordnung 1774/2002 für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte ergeben (Rechtssache C-176/05). Dies sicherzustellen ist die Aufgabe des nationalen Gerichts, welches das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte.

Der EuGH macht in seinem Urteil deutlich, dass einige Bestimmungen der Abfallverbringungsverordnung weiterhin für ausschließlich zur Verwertung bestimmtes Tiermehl gelten. Dabei handelt es sich um die Anforderungen, dass die Verwertung in vorschriftsgemäß abfallrechtlich genehmigten Anlagen stattfinden muss, dass die Verbringung dem Kontrollverfahren für Abfälle der gelben und roten Liste unterworfen werden kann, wenn das Material gefährliche Eigenschaften aufweist oder die Mitgliedsstaaten dies in einem Ausnahmefall aus Gründen des Umweltschutzes oder der öffentlichen Gesundheit fordern. Es gilt ebenfalls, dass die Verbringung ungefährlicher Abfälle als illegal einzustufen ist, wenn sie entgegen der Verbringungsverordnung oder der EU-Abfallrahmenrichtlinie erfolgt (Buchstaben b bis e von Absatz 3 der Abfallverbringungsverordnung).

Laut dem EuGH-Urteil unterliegt das zur Verwertung bestimmte Tiermehl ebenfalls den Anforderungen von Artikel 11 an die Begleitdokumente für Abfälle der grünen Liste. Es ist ebenfalls nicht befreit von der Anwendung von Artikel 17 Absatz 1 bis 3 der Abfallverbringungsverordnung über die Verbringung von Abfällen der grünen Liste in Länder, in denen der OECD Ratsbeschluss von 1992 über die Überwachung grenzüberschreitender Transporte von Verwertungsabfällen nicht gilt.

Der EuGH prüfte in seinem Urteil zunächst die Frage, ob das Tiermehl als Tierkörper im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Abfallrahmenrichtlinie 75/442 einzustufen ist. Mit dieser Bestimmung werden Tierkörper sowie weitere Abfälle aus der Landwirtschaft vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Der EuGH stellt unter anderem fest, dass der Begriff „Tierkörper“ auf unverarbeitetes Ausgangsmaterial verweist, während Tiermehl einer besonderen Behandlung unterzogen wurde und damit eine grundlegend andere Beschaffenheit aufweist als das Ausgangsmaterial. Aus Sicht des EuGH fällt es nicht unter den Begriff Tierkörper.

Ob es in den Geltungsbereich der Abfallrahmenrichtlinie fällt, hängt dem Urteil zufolge davon ab, ob es spezifiziertes Risikomaterial im Sinne der Hygieneverordnung für tierische Nebenprodukte enthält. Wenn dies der Fall ist, ergibt sich aus der Hygieneverordnung eine Entledigungspflicht, womit das Kriterium für die Abballeigenschaft erfüllt ist.

Falls Tiermehl kein spezifiziertes Risikomaterial enthält ist „anhand sämtlicher Umstände“ zu prüfen, ob es sich dabei um Abfall handelt oder um ein Nebenprodukt. Kriterien dafür sind laut der Rechtssprechung des EuGH das Vorliegen einer Entledigungsabsicht, die Wahrscheinlichkeit der Wiederverwendung sowie die Frage, ob sie für den Besitzer wirtschaftlich vorteilhaft ist. Diese Fragen sind vom jeweiligen nationalen Gericht zu klären.

Im Fall, dass das Tiermehl dabei als Abfall eingestuft wird, unterliegt es laut dem EuGH-Urteil der Notifizierungspflicht nicht, wenn es kein spezifiziertes Risikomaterial enthält und damit der grünen Liste zuzuordnen, oder wenn es ausschließlich zur Verwertung bestimmt ist. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Abfallverbringungsverordnung und die Hygieneverordnung so nebeneinander anzuwenden sind, dass sich ihre Bestimmungen ergänzen. Wenn das Tiermehl nicht der Notifizierungspflicht unterliegt, muss deshalb das nationale Gericht darüber wachen, dass die Bestimmungen der Hygieneverordnung eingehalten werden, unter anderem im Hinblick auf die Beförderung, Lagerung und Versendung von Material in andere EU-Staaten.

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Quelle: H&K 1/2007, S. 52

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