Ökologische und ökonomische Bewertung Bioabfallbehandlung macht Sinn

1. Ökobilanz belegt: Bioabfallverwertung macht Sinn

Die Bioabfallverwertung wurde in den letzten Jahren in Deutschland nahezu flächendeckend eingeführt. Dass diese Art der Abfallverwertung Sinn macht, leuchtet aus vielerlei Gründen zwar ein. Ein ökobilanzieller Beweis stand bislang aber noch aus. Eine von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück geförderte Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg hat nun Abhilfe geschaffen.

"Die Ökobilanz beweist, dass mit der Verwertung von Bioabfällen nicht nur Stoffkreisläufe geschlossen, sondern auch qualitativ hochwertige Produkte erzeugt werden können", erläuterte Dr. Werner Wahmhoff, DBU-Abteilungsleiter Umweltforschung. Meist hochwertige Verwendung fände der auf diese Weise gewonnene Sekundärrohstoffdünger bereits im Gartenbau und in der Landwirtschaft. Dies sei u.a. für die Schonung endlicher Ressourcen wie Torf von Bedeutung, der bis heute in der großen Mengen u.a. aus dem Baltikum importiert wird. Die DBU hatte mit ihrem Förderschwerpunkt Bioabfall (Volumen: 15 Millionen Euro) einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung innovativer Verfahren und Produkte geleistet.

In der Ökobilanz des ifeu-Instituts wurden für eine Vielzahl von Bioabfällen alle zur Verfügung stehenden und in der Praxis angewandten Entsorgungswege bilanziert, auf ihre ökologischen Stärken und Schwächen hin analysiert und miteinander verglichen. In die Bilanzierung einbezogen wurden auch die Substitutionserfolge, d.h. der Nutzen der unterschiedlichen Entsorgungswege.

Die Untersuchungen basieren auf der Methode der Ökobilanzen in der Abfallwirtschaft. Die Arbeit berücksichtigte dabei die entsprechenden methodischen Vorgaben (DIN EN ISO 140) zur Bilanzierung [ifeu-Institut 1997] und Bewertung [Umweltbundesamt 1999]. Die Methodik ist nicht auf einen bestimmten Produktionsbereich (z.B. die Kompostierung) zugeschnitten. Bewertet werden nicht einzelne Anlagen sondern ganze Verwertungssysteme.

Die in der abfallwirtschaftlichen Ökobilanz zur Bewertung herangezogenen Gesichtspunkte sind in gewichteter Rangfolge: Treibhauseffekt, Krebsrisiko, Versauerung, Eutrophierung (terrestrisch), PM-10-Risiko (Humantoxizität), Zinkeintrag in Gewässer, Kupfer- und Bleieintrag in Böden, Eutrophierung (aquatisch), Sommersmog, fossile Ressourcen und Rohphosphat.

Nach den vorliegenden Ergebnissen weist die Erzeugung von Fertigkompost in geschlossenen Systemen über alle Kriterien gesehen gegenüber anderen Entsorgungslösungen Vorteile auf. Als ökologisch relevant wurden Emissionen an Stickstoffverbindungen (Ammoniak) bei der Behandlung und bei der Anwendung der Komposte beurteilt. Ammoniak bestimmt das Ergebnis hinsichtlich Versauerung und Eutrophierung terrestrisch. Ammoniak ist aber auch eine wichtige Vorläufersubstanz für Feinstpartikel (PM 10), die sich negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken.

Eine Minderung insbesondere der Freisetzung an Ammoniak bzw. der daraus resultierenden Umweltwirkungen lassen sich erzielen, wenn die Behandlung der Bioabfälle in geschlossenen Systemen erfolgt. Insofern schneiden in der Ökobilanzierung geschlossene Systeme der Behandlung besser ab als weniger aufwändige offene Verfahren. Aus ökologischer Sicht mit dem größten Nutzen verbunden ist die Verwendung von Komposten im Gartenbaubereich. Die wertgebenden Eigenschaften der Grün- und Bioabfälle liegen mehr in der organischen Masse als in den Gehalten an Pflanzennährstoffen. Bei Stickstoff spielt auch die geringe Pflanzenverfügbarkeit eine Rolle.

Ökologisch vorteilhaft ist zudem eine Kopplung mit einer Vergärung. Dabei hat die klassische Bioabfallvergärung gegenüber der Mitbehandlung in Güllefermentern oder Faulbehältern von Kläranlagen Vorteile. Nur in diesem Fall werden Komposte erzeugt, die hochwertig verwertet werden können.

Den unterschiedlichen Ansätzen der getrennten Erfassung und Verwertung von Bioabfällen aus Haushalten wurde als Alternative u.a. deren Erfassung zusammen mit dem Restmüll und anschließender thermischer Behandlung (Verbrennung) gegenüber gestellt. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine getrennte Erfassung und Verwertung von Bioabfällen ökologisch sinnvoll ist, wenn fachgerecht erzeugte Qualitätskomposte ordnungsgemäß verwertet werden können, bzw. ein entsprechender Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann.

Die Ergebnisse sind geeignet, die Priorität der stofflichen Verwertung von Bioabfällen nach Maßgabe des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes weiter zu begründen. Danach gilt, dass der Besitzer oder Erzeuger von Abfällen gehalten ist, sich unter Abwägung zu Verfügung stehender Entsorgungsalternativen nach den Maximen einer hochwertigen Verwertung (§ 5 Abs. 2 KrW-/AbfG) sowie dem Vorrang der besser umweltverträglichen Verwertungsart zu verhalten (§ 6 Abs. 1 KrW-/AbfG).

Als Entscheidungsgrundlage für die Wahl konkurrierender Entsorgungs- oder Verwertungswege geben Ökobilanzen eine wichtige Hilfestellung. Notwendig sind jedoch immer Einzelfallbetrachtungen, bei der weitergehende fallspezifische Gesichtspunkte einfließen müssen.

Weitere Informationen: ifeu Heidelberg, Wilckensstraße 3, 69120 Heidelberg, Tel. 06221/47 67 0, Fax: 06221/47 67 19, Ansprechpartner: Florian Knappe, E-mail: florian.knappe@ifeu.de, regine.vogt@ifeu.de. Bestellung der „Ökobilanz Bioabfallverwertung“: Deutsche Bundesstiftung Umwelt, An der Bornau 2, 49090 Osnabrück, Tel: 0541/9633-0, Fax: 0541/9633-190. (KE/SR)

2. Ökonomische Bewertung von Systemen zur Verwertung von biologisch-organischen Abfällen

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hat im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojektes Verwertungsoptionen von biologisch-organischen Abfällen ökonomisch bewertet und eine Beurteilung im volkswirtschaftlichen Kontext vorgenommen. Das Projekt wurde parallel zur Ökobilanz-Studie des IFEU durchgeführt (siehe vorstehenden Beitrag).

Ziel des Projektes war es u.a., vor dem Hintergrund des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) den Rechtsbegriff der “wirtschaftlichen Zumutbarkeit“ zu klären. Im Vergleich der betriebswirtschaftlichen Analyse mit den Ergebnissen der Ökobilanz hat sich gezeigt, dass die beiden Bewertungsansätze zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Die in der Ökobilanz vorteilhafteste Variante (geschlossene Kompostierung) ist mit Verwertungskosten von rund 87 €/t Bioabfall die ökonomisch teuerste. Dies ist nicht überraschend wenn man bedenkt, dass eine Verminderung bestimmter Emissionen, die in der Ökobilanz negativ zu Buche schlagen, einen höheren technischen Aufwand (z.B. Einhausung, Biofilter etc.) erfordern.

Eine aus volkswirtschaftlicher Sicht zentrale Frage ist nun, inwieweit die höheren Kosten von aufwändigeren Verfahren im Hinblick auf die Vermeidung unerwünschter Umweltwirkungen ökonomisch zu rechtfertigen sind und ob der erforderliche Kosteneinsatz im Hinblick auf die Zielstellung tatsächlich auch effizient ist.

Zur Beantwortung dieser Fragen wurde eine Methodik entwickelt, die die Methodik der Wirkungsabschätzung im Rahmen der Ökobilanzierung aufgreift und mit dem Vermeidungskostenansatz verknüpft, um die verschiedenen Umweltwirkungskategorien zu monetarisieren und letztlich die Systeme in Kostengrößen als Summenwert vergleichbar zu machen.

Die berechneten Vermeidungskosten (in diesem Fall wurden Vermeidungskosten für die Leitemissionen Ammoniak, Kohlendioxid und Cadmium berücksichtigt) wurden für die jeweiligen Szenarien zu den Verwertungskosten addiert. Der daraus resultierende Summenwert ist nach der Methode zur monetären Einbeziehung der ökologischen Effekte direkt mit den Verwertungskosten des ökologisch besten Szenarios (geschlossene Kompostierung) vergleichbar.

Bei diesem Vergleich stellt sich heraus, dass die jeweiligen zuzurechnenden Vermeidungskosten die grundsätzlichen Aussagen der betriebswirtschaftlichen Bewertung unterstützen (Abbildung).

Für die wirtschaftliche Zumutbarkeit stellt sich als entscheidende Frage, inwieweit die Verhältnismäßigkeit der Verwertungskosten zu den Beseitigungskosten im Bereich der Bioabfälle gewährleistet wird. Nach den Ergebnissen der betriebswirtschaftlichen Bewertung auf Basis der Behandlungskosten inklusive Erlösverrechnung wird deutlich, dass der Vergleich Beseitigung (MVA) und der unterschiedlichen Verwertungsoptionen zu Gunsten der Verwertungsoptionen ausfällt.

Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist auf dieser Ebene grundsätzlich gegeben. Einschränkend muss für die Betrachtung der Gesamtsystemkosten beachtet werden, dass zusätzlich die Erfassungskosten einbezogen werden müssen. Bei alternierender Abfuhr von Biotonne und Restmüllgefäß (Regelfall) fallen hier jedoch keine zusätzlichen Kosten an.

Abbildung: Ökonomischer Systemvergleich unter Berücksichtigung der externen ökologischen Effekte

KompOffen_1: offene, überdachte Mietenkompostierung ohne Nachrotte
KompOffen_2:: offene, überdachte Mietenkompostierung der Haupt- und Nachrotte
KompGeschl_1: Containerkompostierung ohne Nachrotte
KompGeschl_2: Containerkompostierung mit Nachrotte in geschlossener Halle
VergTrock_1: Trockenvergärung ohne Nachrotte
VergTrock_2: Trockenvergärung mit offener, überdachter Mietenkompostierung der Nachrotte
VergNass_1: Nassvergärung ohne Nachrotte
VergNass_2: Nassvergärung mit offener, überdachter Mietenkompostierung der Nachrotte
Co-VerGülle: Covergärung von Bioabfällen zusammen mit Gülle
Co-VergKlär: Covergärung von Bioabfällen zusammen mit Klärschlamm (im Faulturm)
MVA: Verbrennung von Bioabfällen in einer Müllverbrennungsanlage


Zusammengefasst kommt die ökonomische Bewertung zum Ergebnis, dass

  • im Grundsatz die betrachteten Verfahren zur Verwertung von Bioabfällen auf Grundlage der Verwertungskosten einer Entsorgung durch Müllverbrennung vorzuziehen sind und
  • die ökonomisch kostengünstigeren Verfahren (z.B. offene Kompostierung1+2) vorzuziehen sind, da es sich erweist, dass die mit den aufwändigeren Verfahren zu erreichenden Umweltentlastungen mit hohen Vermeidungskosten verbunden sind.


Aus umweltpolitischer Sicht bedeutet dies, dass die aufwändigeren Verwertungsverfahren zwar durchaus positiv zu bewerten sind, dass sie aber im Rahmen einer Gesamtstrategie deshalb aber nicht schon die besten Lösungen sein müssen. Finanzielle Mittel, z.B. für nationale Klimaschutz- oder Ammoniakminderungsstrategien, könnten in anderen Bereichen der Volkswirtschaft, wo deren Relevanz von größerer Bedeutung ist, effizienter eingesetzt werden.

Bezug der Projektergebnisse: Ökonomische Bewertung von Systemen zur Verwertung von biologisch-organischen Abfällen. Schriftenreihe des IÖW 164/02, ISBN 3-932092-64-3.

Weitere Information: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) gGmbH, Potsdamer Strasse 105, 10785 Berlin, Tel.: 030/88 45 94-18 Fax: 030/88 25 439, Ansprechpartner: Dipl.-Ing. Michael Steinfeldt, E-mail: michael.steinfeldt@ioew.de sowie im Internet unter www.ioew.de (STE)

Quelle: H&K 03-1-17

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