Vom Abfall zum Produkt - RAL-Gütesicherung als Instrument der Produktqualifikation von Sekundärrohstoffdüngern und Bodenverbesserungsmitteln (STELLUNGNAHME)

1. Kompost: Abfall oder Produkt ?

Spätestens seit Inkrafttreten der Bioabfallverordnung (BioAbfV) ist ein Streit darüber entbrannt, ob spezifikationsgerechte Komposte rechtlich als „Produkte“ oder immer noch als „Abfälle zur Verwertung“ anzusprechen sind. Unter anderem wurde in dieser Angelegenheit eine Beschwerde bei der EU eingereicht. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass „aerob behandelte Bioabfälle“, d. h. Komposte, nicht mit der allgemeinen Definition von „Abfall“ der Richtlinie 75/442/EWG vereinbar ist.

In der Tat könnten Bioabfälle, die in einem Verwertungsverfahren behandelt werden, ihre Abfalleigenschaft verlieren und das Ergebnis der Behandlung als Produkt angesprochen werden. Zu dieser, von der europäischen Kommission mit Schreiben vom 13.08.1999 aufgezeigten Fragestellung war die Bundesregierung aufgefordert, Stellung zu nehmen. Die Bundesregierung ist dieser Aufforderung mit Schreiben vom 17.12.1999 nachgekommen und hat dabei festgestellt, dass die Abfalleigenschaft von Kompost erst mit seiner tatsächlichen Nutzung, d.h. nicht bereits mit der Abgabe (dem in Verkehr bringen) sondern erst mit seiner tatsächlichen Anwendung auf der Fläche endet.

In seiner Begründung zeigte das BMU hierzu folgende Aspekte auf:

Nach Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 75/442/EWG sind als „Abfall“ alle Stoffe oder Gegenstände definiert, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich der Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Unstreitig erfüllen die in § 2 Nr. 1 BioAbfV definierten, also beim „Ersterzeuger“ [vgl. Artikel 1 Buchstabe b) der Richtlinie 75/442/EWG] anfallenden Bioabfälle die Abfalldefinition gemäß Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie. Die Dauer der Abfalleigenschaft ist in der Richtlinie allerdings nicht explizit geregelt.

Aus Artikel 4 der Richtlinie ergibt sich jedoch, dass Mensch und Umwelt umfassend von Gefahren und Beeinträchtigungen geschützt werden sollen, die sich aus einer unsachgemäßen Verwendung von Abfällen ergeben. Die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder eines Gegenstandes muss daher bis zu seiner Umwelt verträglichen Verwertung fortdauern.

Voraussetzung für das Ende der Abfalleigenschaft ist zunächst die Beendigung des Verwertungsvorganges. Für die Bestimmung des Verwertungsvorganges ist nach Artikel 1 Buchstabe f) der Richtlinie 75/442/EWG auf die in Anhang II B aufgezählten Verwertungsverfahren abzustellen. Der Abschluss lediglich vorbereitender Verwertungsverfahren beendet die abfallrechtliche Verwertung noch nicht. Die hier interessierende Frage ist daher, ob das Verfahren R 3 des Anhanges II B der Richtlinie hinsichtlich der Bioabfallverwertung ein lediglich vorbereitendes oder bereits ein abschließendes Verwertungsverfahren ist. Dies ist anhand der spezifischen Gegebenheiten zu beurteilen.

Für ein abschließendes Verwertungsverfahren und damit den Verlust der Abfalleigenschaft könnte sprechen, dass der hergestellt Kompost nicht ausdrücklich im Europäischen Abfallkatalog (EWC) aufgeführt ist. Dort ist lediglich „nicht spezifikationsgerechter Kompost“ (EWC 19 05 01) genannt. Hiergegen ist allerdings festzustellen, dass der EWC nicht die Abfalleigenschaft eines Stoffes definiert. Des weiteren ist der EWC kein erschöpfendes Verzeichnis. Aus dem EWC lässt sich daher nicht zwingend herleiten, dass Kompost kein Abfall sein kann.

Für den Verlust der Abfalleigenschaft kann weiterhin sprechen, dass Kompost einen objektiven Marktwert besitzt und/oder Gegenstand von Handels- oder Abnahmeverträgen ist. Dies würde eine Nutzungsfähigkeit als „sekundärer Rohstoff“ hindeuten, die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) Unterbuchstabe i) der Richtlinie 75/442/EWG als Ziel einer stofflichen Verwertung ausdrücklich genannt ist. Allerdings ist hier entgegen zu halten, dass auch Abfälle einen positiven Handelswert haben können. Zum andern kann ein positiver Marktwert für Kompost sowohl regionalen als auch zeitlichen Schwankungen unterworfen sein.

Schließlich könnte die Verwertung mit der Herstellung des Kompostes abgeschlossen sein, wenn dieser als „sekundärer Rohstoff“ anzusehen wäre [vgl. Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) Unterbuchstabe i) der Richtlinie 75/442/EWG], er also Eigenschaften hat, die mit den zu substituierenden Rohstoffen vergleichbar sind. Dies wäre der Fall, wenn entsprechende Produktnormen eingehalten werden, so dass der Kompost unter Umweltschutzgesichtpunkten (vgl. Artikel 4 der Richtlinie 75/442/EWG) in gleicher Weise in den Verkehr gebracht oder verwendet werden könnte, wie ein entsprechendes aus primären Rohstoffen hergestelltes Produkt. Hierfür wären insbesondere Normen für Düngemittel oder Bodenverbesserungsmittel heranzuziehen.

Entscheidend ist, ob der hergestellte Kompost noch ein Abfall spezifisches Gefahrenpotential besitzt. Die Kompostierung allein vermag das Abfall spezifische Gefahrenpotential noch nicht zu beseitigen: Die Bioabfälle werden zwar hygienisiert, enthaltene Schad- und Fremdstoffe bleiben jedoch erhalten. Die in Bioabfall enthaltenen Schadstoffe können i.d.R. nicht von ihm getrennt werden. Zwar wird den Anforderungen des Artikel 4 der Richtlinie 75/422/EWG durch die Grenzwerte der Bioabfallverordnung bereits Rechnung getragen.

Eine Schadstoffanreicherung im Boden und in der menschlichen Nahrungskette kann allerdings allein durch Einhaltung der in der Bioabfallverordnung festgelegten Grenzwerte nicht verhindert werden. Vielmehr ist eine solche Schadstoffanreicherung von der tatsächlichen Fracht abhängig. So ist es bei Kompost erforderlich, auch Höchstmengen in bestimmten Zeitintervallen für die Aufbringung auf Böden zu bestimmen (vgl. § 6 Abs. 1 BioAbfV). Des Weiteren kann eine Aufbringung von Komposten nur erfolgen, wenn auch im Boden vor der Aufbringung bestimmte Schadstoffgrenzen nicht überschritten sind (vgl. § 9 Abs. 2 BioAbfV). Kompost darf daher nur kontrolliert verwertet werden (vgl. Untersuchungs-, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten der BioAbfV).

Die vorgenannte Betrachtungsweise liegt auch die europäische Klärschlamm-Richtlinie zugrunde: Diese regelt zwar die Verwertung eines anderen Abfallstoffes. Dabei ist jedoch nicht nur dieser Abfall mit den in der Bioabfallverordnung geregelten Bioabfällen vergleichbar, sondern auch die geregelten Tatbestände. Die europäische Klärschlamm-Richtlinie gilt für die Verwertung von unbehandeltem und behandeltem (z.B. kompostiertem) Klärschlamm, wobei die Abfalleigenschaft der Klärschlammkomposte gemäß der Richtlinie auch nach der Behandlung weiter besteht.

Im Ergebnis kommt das BMU also zum Schluss, dass aufgrund der Abfall typischen Eigenschaften von behandelten Bioabfällen sich durch eine unsachgemäße Verwendung von Komposten (insbesondere durch erhöhte Aufwandmengen und damit erhöhte Schadstofffrachten) Gefahren und Beeinträchtigungen ergeben können, denen vorgebeugt werden soll. In dem von der Bioabfallverordnung geregelten Rahmen sei Kompost daher als Ergebnis des Behandlungsverfahrens R 3 des Anhanges II B der Richtlinie 75/442/EWG somit nicht Produkt, sondern Abfall gemäß Artikel 1 Buchstabe a) dieser Richtlinie und die Verwertung erst mit der Aufbringung auf den Boden abgeschlossen (Verfahren R 10 des Anhanges II B der Richtlinie 75/442/EWG).

Diese Sichtweise teilt auch die 53. Umweltministerkonferenz vom Oktober 1999, wenn sie im Hinblick auf die Frage des Endes der Abfalleigenschaft von Abfallstoffen allgemein feststellt: Die UMK ist der Auffassung, dass die Abfalleigenschaft bei Abfällen, die aufbereitet werden, erst dann endet, „wenn die Nutzung der aufbereiteten Abfälle erfolgt.“

Allerdings fährt der Beschluss der UMK danach wie folgt fort: „Erfüllen diese die Eigenschaften eines für den selben Zweck aus Rohstoffen hergestellten Produktes und gehen von den Stoffen keine Abfall spezifischen Beeinträchtigungen für das Wohl der Allgemeinheit aus, endet die Abfalleigenschaft bereits nach Abschluss der Aufbereitung.“

Für die Hersteller gütegesicherter Komposte ist es selbstverständlich, dass die RAL-Gütesicherung hochwertige Produkte ausweist, von denen keine Abfall spezifischen Beeinträchtigungen für das Wohl der Allgemeinheit ausgehen und die in Qualität und Wirkung mit Produkten aus primären Rohstoffen vergleichbar sind. Warum dies so ist, wird im Folgenden erläutert.



2. Verkehrsanschauung von Kompost als Produkt

Die Verkehrsanschauung von Kompost als ein Produkt wird durch das RAL Anerkennungsverfahren zur Gütesicherung der Produktgruppe Kompost (RAL GZ-251) begründet.

Das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) ist als Dachverband Träger des Systems aller Gütezeichen in Deutschland. Zweck des RAL ist die Verbreitung des Gütegedankens und die hiermit im Zusammenhang stehende Ordnung des Kennzeichnungswesens in der Wirtschaft einschließlich der Landwirtschaft. In diesem Rahmen tritt er v.a. für die Durchsetzung der Gütesicherung in der Wirtschaft im Interesse der Aufrechterhaltung der Redlichkeit im Handelsverkehr und der Förderung des Verbraucherschutzes ein (vgl. Grundsätze für Gütezeichen des RAL).

Bei der Schaffung von RAL Gütezeichen ist zur Herbeiführung des stets notwendigen Konsenses ein Anerkennungsverfahren mit folgenden Schritten durchzuführen:

Der Geltungsbereich eines Gütezeichens wird festgelegt. Dies geschieht, um die vom Gütezeichen erfassten Produkte klar gegeneinander abzugrenzen sowie diese eindeutig zu definieren.
Bei der Aufstellung der jeweiligen Anforderungen werden unter der Federführung des RAL die betroffenen Fach- und Verkehrskreise beteiligt (i.d.R. die von der Gütesicherung betroffenen Verbände der anbietenden Wirtschaft und Verbraucher/Anwender sowie Verbände des Prüfwesens, betroffene staatliche Stellen etc.).
Das RAL-Verfahren beinhaltet auch die kartell- und wettbewerbsrechtliche Prüfung aller Satzungs- und Zeichenunterlagen.

Ist ein breiter Konsens zwischen den Beteiligten erreicht und die Rechtsfähigkeit der Gütegemeinschaft nachgewiesen, wird das entsprechende Gütezeichen vom RAL anerkannt und vom Bundesminister für Wirtschaft im Bundesanzeiger bekannt gegeben.


Für „Gütezeichen“ gilt folgende Begriffsbestimmung:

„ Gütezeichen sind Wort- oder Bildzeichen, oder beides, die als Garantieausweis zur Kennzeichnung von Waren oder Leistungen Verwendung finden, die die wesentlichen, an objektiven Maßstäben gemessenen, nach der Verkehrsauffassung der Güte einer Ware oder Leistung bestimmenden Eigenschaften erfüllen und

  • deren Träger Gütegemeinschaften sind, die im Rahmen der RAL-Gemeinschaftsarbeit jedermann zugänglich und vom RAL anerkannte und veröffentlichte Gütebedingungen aufstellen und deren Erfüllung überwachen, oder
  • die auf gesetzlichen Maßnahmen beruhen.“ (vgl. Grundsätze für RAL Gütezeichen)

Die Gütemerkmale der mit Gütezeichen zu kennzeichnenden Waren oder Leistungen, die von den einschlägigen Fach- und Verkehrskreisen für die Beurteilung der Qualität als wesentlich angesehen werden, müssen in den Gütebedingungen festgelegt sein. Dies ist bei der Schaffung des RAL Gütezeichens Kompost (RAL GZ-251) mit einer Beteiligung von mehr als 100 tangierter Fach- und Verkehrskreise geschehen. Die Spezifikationen der vereinbarten Qualitätsstandards sind in den Güte- und Prüfbestimmungen festgelegt und werden kontinuierlich an aktuelle Entwicklungen und Erfordernisse angepasst.

Das Anerkennungsverfahren des RAL ist vor dem hier diskutierten Hintergrund ein Verfahren zur objektiven Feststellung und Definition spezifikationsgerechter Komposte, die nach der allgemeinen Verkehrsanschauung einem hochwertigen Produkt entsprechen. Komposte, die der RAL Gütesicherung unterliegen und den Gütebestimmungen entsprechen sind daher als Produkte zertifiziert. Nicht spezifikationsgerechte Komposte bleiben Abfälle im Sinne des europäischen Abfallkataloges (EWC 19 05 01).



3. Objektiver Marktwert von Kompostprodukten

Die Erzeugung von Komposten aus der getrennten Sammlung von Bioabfällen hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufschwung genommen. Heute werden allein in den über 400 Kompostanlagen, die der RAL Gütesicherung unterliegen, jährlich rund 4,5 Mio. t Kompostrohstoffe zu spezifischen Kompostprodukten verarbeitet.

Die Wachstumsraten der vergangenen Jahre haben in Verbindung den vergleichsweise langsamer im Aufbau befindlichen Märkten z.T. zu Produktionsüberschüssen geführt mit der Folge, dass Überhangmengen auch gegen Zuzahlung verwertet wurden.

Inzwischen haben sich die Mengenzuwächse vergangener Jahre jedoch deutlich abgeflacht. Entgegen populären Mutmaßungen hat sich auch gezeigt, dass die für Kompostprodukte erforderlichen Märkte in ausreichendem Umfang vorhanden sind und erschlossen werden können. Die Erlössituation ist dabei von der Qualität der Produkte sowie von den Marketingmaßnahmen und der Marktpflege abhängig.

Für vergleichbare Kompostprodukte erzielbare Erlöse sind regional und saisonal zwar immer noch unterschiedlich. Gründe hierfür sind vor allem die Produktqualitäten, regionale Unterschiede bei der Markterschließung, saisonale Angebotsüberhänge oder Angebotsknappheit sowie Unterschiede in der Kundenstruktur.

Jüngere Erhebungen über die Vermarktung und Erlössituation von Kompost zeigen, dass sich die Märkte zunehmend stabilisiert haben und die Erzeuger für Fertigkomposte durchgängig Erlöse erzielen. Lediglich für grob abgesiebte Frischkomposte oder mindere Qualitäten ist die Erlössituation zum Teil noch negativ, d.h. mit geringfügigen Zuzahlungen verbunden. Die Masse der Produkte wird durchgängig gegen Erlöse vermarktet.

Tabelle 1: Erlössituation für Kompostprodukte

k.N. = keine Nachfrage für das betreffende Produkt
Quelle: Erhebung der Bundesvereinigung Humus- und Erdenwirtschaft (BHE), 2000.



4. Gleichwertigkeit gegenüber anderen Düngemitteln

Komposte sind gemäß § 1 Nr. 2a des Düngemittelgesetzes (DüMG) Sekundärrohstoffdünger und damit Düngemittel, die dazu bestimmt sind, unmittelbar oder mittelbar Nutzpflanzen zugeführt zu werden, um ihr Wachstum zu fördern, ihren Ertrag zu erhöhen oder ihre Qualität zu verbessern.

Die Zulassung von Kompost als Düngemittel ist durch die Änderung der düngemittelrechtlichen Vorschriften vom 16.7.1997 erfolgt. Durch Einfügung des Abschnittes 3a in die Düngemittelverordnung (DüMV) wurden spezifische Sekundärrohstoffdünger definiert und Vorgaben für deren düngemittelrechtliche Kennzeichnung aufgegeben.

Stoffe, die im Trockenrückstand einen Nährstoffgehalt von insgesamt mehr als 0,5 % Stickstoff (N), 0,3 % Phosphat (P2O5), oder 0,5 Kaliumoxid (K20) aufweisen, oder die bei einer Aufbringung in praxisüblichen Mengen zu einer jährlichen Nährstoffzufuhr von mehr als 30 kg Stickstoff, 20 kg Phosphat, 30 kg Kaliumoxid oder 100 kg basisch wirksamem Calciumoxid (CaO) je Hektar führen, müssen gewerbsmäßig als Sekundärrohstoffdünger in den Verkehr gebracht werden. In der Regel entsprechen Komposte dabei dem zugelassenen Düngemitteltyp „Organischer NPK-Dünger“.

Komposte werden zur Düngung und Bodenverbesserung i.d.R. in Abständen von mehreren Jahren aufgebracht. Bei üblichen Aufwandmengen von 20-30 t Trockenmasse je Hektar in 3 Jahren entspricht dies einer Düngung von z.B. 300 kg N, 150 kg P2O5, und 250 kg K20 sowie 1000 kg CaO je Hektar. Dies ist eine praxisübliche Düngung, wie sie auch mit Düngemitteln erfolgt, die aus primären Rohstoffen hergestellt worden sind.

Komposte, die aufgrund niedriger Gehalte an Pflanzennährstoffen keinem zugelassenen Düngemitteltyp entsprechen, können nach Düngemittelgesetz als Bodenhilfsstoffe in den Verkehr gebracht werden. Bodenhilfsstoffe sind Stoffe, die den Boden biotisch, chemisch oder physikalisch beeinflussen um seinen Zustand oder die Wirksamkeit von Düngemitteln zu verbessern (vgl. § 1 Nr. 3 DüMG).

Komposte, die den in Anlage 1 der Düngemittelverordnung (DüMV) festgelegten Düngemitteltypen entsprechen, sind nach Maßgabe des § 1 Absätze 2 und 3 DüMV zugelassen:
Absatz 2 bestimmt, dass Düngemittel und andere Stoffe nach § 1 Nr. 3 bis 5 DMG (z.B. Bodenhilfsstoffe), die organische Bestandteile enthalten, gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie im Hinblick auf die Hygiene unbedenklich sind.
Absatz 3 bestimmt, dass Düngemittel und andere Stoffe nach § 1 Nr. 3 bis 5 DüMG die abfallrechtlichen Grenzwerte für tolerierbare Gehalte an Schadstoffen und Fremdstoffen einhalten müssen. Die abfallrechtlichen Vorschriften (AbfKlärV und BioAbfV) enthalten die Grenzwerte, bei deren Einhaltung die Stoffe für die landbauliche Verwertung geeignet sind.

Durch die RAL Gütesicherung Kompost wird gewährleistet, dass

- die düngemittelrechtliche Kennzeichnung und Warendeklaration gemäß Düngemittelverordnung festgestellt und angegeben wird,
- die Anforderungen an die hygienische Unbedenklichkeit der Erzeugnisse erfüllt und
- die Grenzwerte der abfallrechtlichen Vorschriften eingehalten sind.


Neben den düngemittel- und abfallrechtlichen Vorschriften berücksichtigt die RAL Gütesicherung darüber hinaus weitere Rechtsbestimmungen und Normen. Insgesamt werden berücksichtigt:

  • Kreislaufwirtschaft-/ und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)
  • Bioabfallverordnung (BioAbfV)
  • Klärschlammverordnung (AbfKlärV)
  • Düngemittelgesetz (DüMG)
  • Düngemittelverordnung (DüMV)
  • Düngeverordnung (DüV)
  • Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG)
  • Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV)
  • Standards und Vorgaben der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA)
  • DIN Normen
  • FLL Regelwerke


Mit der RAL Gütesicherung werden also eine Vielzahl unterschiedlichster Anforderungsprofile gewährleistet und der Nachweis entsprechender Normkonformitäten erbracht. Dies wird auch für künftige europäische Regelungen gelten. Die Nutzungsfähigkeit von gütegesichertem Kompost als „sekundärer Rohstoff“ im Sinne des Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) Unterbuchstabe i) der Richtlinie 75/442/EWG ist damit gegeben.


5. Anwendungssicherheit und Verbraucherschutz

Die Bundesgütegemeinschaft stellt für jedes Produkt, welches der RAL Gütesicherung unterliegt, ein jährliches Fremdüberwachungszeugnis aus. Das Fremdüberwachungszeugnis dient als Qualitätsnachweis gegenüber den Kunden sowie als Nachweis der regelmäßigen Güteüberwachung gegenüber den zuständigen Behörden.

Das Fremdüberwachungszeugnis enthält:

  • die Kennzeichnung des Produktes mit dem RAL Gütezeichen,
  • die düngemittelrechtliche Kennzeichnung,
  • die nach Düngemittelrecht ordnungsgemäße Warendeklaration,
  • die Prüfung und Übereinstimmung mit den abfallrechtlichen Bestimmungen,
  • die Angabe der nach § 6 Absatz 1 BioAbfV zulässigen Aufwandmengen,
  • die konkreten Qualitätseigenschaften des Produktes inkl. möglicher Abweichungen der einzelnen Qualitätsparameter,
  • Angaben zur Anwendung des Produktes nach guter fachlicher Praxis inkl. Rechengrundlagen zur Düngeplanung und zur Bodenverbesserung.


Die Angaben zur Anwendung des Produktes nach guter fachlicher Praxis sind für jedes Erzeugnis einzeln bestimmt und im Rahmen der Warendeklaration zu berücksichtigen.

Die Angaben zur Anwendung des Produktes nach guter fachlicher Praxis beinhalten

  • die je Tonne und Kubikmeter des Produktes enthaltenen Mengen an Pflanzennährstoffen (N, P2O5, K2O, MgO), basisch wirksamen Stoffen (CaO) und organische Substanz in kg/t sowie in kg/m³ Frischmasse (d.h. die in der Trockenmasse vorliegenden Analysenergebnisse werden für die Düngeberechnung in Frischmasse umgerechnet),
  • für Stickstoff (N) eine Differenzierung der Gehalte in Gesamtgehalt (Nges), organisch gebundenem Stickstoff (Norg), löslichem Stickstoff (Nlösl) sowie dem im Anwendungsjahr für die Düngung tatsächlich anrechenbaren Stickstoff (Nanr),
  • empfohlene Aufwandmengen für die Landwirtschaft und den Gartenbau in t/ha, m³/ha und l/m² jeweils nach Maßgabe des Nährstoffbedarfes üblicher Fruchtfolgen und mittlerer Versorgungsstufen des Bodens sowie unter Berücksichtigung der durch die Bioabfallverordnung zu limitierenden Aufwandmengen,
  • empfohlene Aufwandmengen differenziert nach Nutzungsart (Anwendungszweck) und Bodenart unter Berücksichtigung der aus Sicht des Gewässerschutzes zu limitierenden Nährstofffrachten sowie der aus Sicht des Bodenschutzes zu limitierenden potentiellen Schadstofffrachten nach BBodSchV,
  • Empfehlungen zur anteiligen Zumischung von Fertigkompost zu nährstoffarmem Rohböden oder zu Bodenaushub bei der Herstellung von kulturfähigen Oberböden (Mutterböden) in % sowie für Schichtstärken von 10-50 cm in m³/ha.


Gefahren oder Beeinträchtigungen durch unsachgemäße Verwendung im Sinne des Artikel 4 der Richtlinie 75/442/EWG wird aufgrund der genannten Deklarationsangaben wirksam vorgebeugt.

Die Anwendungsempfehlungen werden im Rahmen der Gütesicherung für jedes Erzeugnis eines jeden Herstellers separat ermittelt und im Fremdüberwachungszeugnis ausgewiesen. Das Zeugnis wird von der Bundesgütegemeinschaft nach Maßgabe der Analysenergebnisse des jeweils abgelaufenen Überwachungsjahres kalenderjährlich aktualisiert.


6. Fazit

Die RAL Gütesicherung Kompost hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland als die Produkt-Zertifizierung für Komposterzeugnisse etabliert.

Erzeugung und Nachfrage orientieren sich heute aus guten Gründen an diesem Standard:

  • Die Güte- und Prüfbestimmungen sind mit den Fach- und Verkehrskreisen abgestimmt. Sie erfüllen die Anforderungen der Verbraucher und werden ständig an neue Erfordernisse angepasst
  • Produkte mit RAL Gütezeichen unterliegen einer unabhängigen Fremdüberwachung
  • Produkte mit RAL Gütezeichen sind hygienisch geprüft
  • Produkte mit RAL Gütezeichen gewährleisten ein hohes Maß an Anwendungs- und Rechtssicherheit


Nach wie vor sind Komposte nach Maßgabe der Bioabfallverordnung im rechtlichen Sinne aber Abfälle, deren Verwertung umfangreichen Nachweispflichten unterliegt.

Mit § 12 Absatz 3 BioAbfV hat der Verordnungsgeber allerdings die Möglichkeit eröffnet, gütegesicherte Komposterzeugnisse von markterschwerenden Nachweispflichten freizustellen.

Mit der Freistellung hat der Verordnungsgeber die Tätigkeit der RAL-Gütegemeinschaften berücksichtigt und ein „2-Wege-System“ geschaffen, welches den zuständigen Behörden die Möglichkeit gibt, Erzeuger gütegesicherter Komposte von massiven Negativwirkungen der Verordnung für die Vermarktung ihrer Produkte zu schützen. Gleichzeitig sollen die Befreiungstatbestände für den Erzeuger Anreiz sein, sich in Gütegemeinschaften einer freiwilligen Gütesicherung zu unterziehen (Abbildung 1).


Abbildung 1: 2-Wege-System der Bioabfallverordnung bei der Verwertung von Kompost



Zwar gilt die Bioabfallverordnung nur für die Verwertung auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich, und gärtnerisch genutzten Böden. Es ist jedoch evident, dass es für die Akzeptanz und Verwertung gütegesicherter Komposte unabdingbar ist, dass die Erzeugnisse als „Produkte“ und nicht als „Abfälle zur Verwertung“ gehandelt und gehandhabt werden können.

Die Mitglieder der Gütegemeinschaften befürworten angemessene produktbezogene Bestimmungen zur rechtlichen Absicherung der schadlosen Verwertung. Sie lehnen aber diskriminierende Verkehrsbeschränkungen bei der Vermarktung und Anwendung ihrer Produkte entschieden ab. Sie tun dies deshalb, weil Produkte aus sekundären Rohstoffen ansonsten am Markt keine Chance haben, sich gegenüber Produkten aus primären Rohstoffen zu behaupten.

Vor diesem Hintergrund ist eine Freistellung von diskriminierenden Verkehrsbeschränkungen, wie sie die Bioabfallverordnung für gütegesicherte Komposte derzeit vorsieht, zwar zu begrüßen. Mittelfristig ist aber das Ende der Abfalleigenschaft von Komposterzeugnissen, die eine mit den Fach- und Verkehrskreisen vereinbarte Produkt-Zertifizierung nachweisen, auch rechtsformal unabdingbar.

Dies bedeutet nicht, dass eine novellierte Bioabfallverordnung auf produktseitige Anforderungen und Frachtenbegrenzungen zur Sicherstellung der schadlosen Verwertung verzichten soll. Sie muss jedoch auch eine Option beinhalten, nach der - unter welchen Voraussetzungen auch immer - die Abfalleigenschaft gütegesicherter Erzeugnisse endet und diese wie andere Vergleichsprodukte im Markt gehandelt und gehandhabt werden können.

Die für die Abfalleigenschaft von Kompostprodukten sprechenden Erwägungen treffen auf zertifizierte Erzeugnisse aus der RAL-Gütesicherung Kompost nicht zu:

  • Kompostprodukte mit RAL Gütezeichen sind aufgrund des Abstimmungsverfahrens mit den Fach- und Verkehrskreisen eindeutig spezifiziert.
  • Für Kompostprodukte mit RAL Gütezeichen ist die allgemeine Verkehrsanschauung als Produkt aufgrund des RAL Anerkennungsverfahrens festgestellt
  • Kompostprodukte mit RAL Gütezeichen entsprechen den einschlägigen Produktnormen für Düngemittel sowie weiteren nicht-gesetzlichen Normenanforderungen, wie sie auch für Vergleichsprodukte gelten.
  • Eine Besorgnis von Gefahren oder Beeinträchtigungen aufgrund der Aufbringung zu hoher Mengen ist wegen der positiven Erlössituation für Kompostprodukte mit RAL Gütezeichen nicht zu begründen.

Eine Besorgnis von Gefahren oder Beeinträchtigungen aufgrund falscher Anwendung von Kompostprodukten mit RAL Gütezeichen ist wegen den Produkt und Hersteller spezifischen Vorgaben zur Deklaration und fachgerechten Anwendung ebenfalls nicht zu begründen.

Eine große Anzahl an Herstellern hat sich in den vergangenen Jahren der RAL Gütesicherung freiwillig unterstellt. Die Hersteller wollen und brauchen die Chance, Sekundärrohstoffdünger zu einer echten Alternative zu machen und für ihre Erzeugnisse lukrative Märkte aufzubauen. Mit einem Handel von Abfällen ist auf Dauer nicht möglich.

Für die Qualifizierung von Komposten als Produkte ist eine Produkt-Zertifizierung, wie sie in den vergangenen Jahren durch die RAL Gütesicherung erfolgreich aufgebaut wurde, ein geeignetes Instrument. Auch Ziele der Deregulierung können auf diesem Wege realisiert werden.

Quelle: H&K 01-04-24

Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V.

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