Neue Düngeverordnung DüV in Kraft

Die im Januar 2006 in Kraft getretene neue Düngeverordnung enthält umfangreiche Veränderungen für die Kompostwirtschaft. Der nachfolgende Artikel stellt die wichtigsten Auswirkungen zusammen. Die Neufassung der DüV kann auf der Internetseite der BGK eingesehen werden.

1. Die Änderungen in der neuen DüV

Gegenüber der alten Fassung ist der Geltungsbereich auf Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel ausgedehnt worden. Neben landwirtschaftlich bzw. gartenbaulich genutzten Flächen gilt die Verordnung nun auch für Baumschulflächen und für befristet aus der Erzeugung ausgenommene Flächen. Zukünftig dürfen ausdrücklich nur nach den Vorgaben der Düngemittelverordnung zugelassene Düngemittel oder Stoffe ausgebracht werden. Wenn Wirtschaftsdünger eingesetzt werden, die nicht im eigenen Betrieb angefallen sind, müssen auch diese den Vorschriften hinsichtlich Zusammensetzung und sachgerechter Angabe der Inhaltsstoffe entsprechen. Im Überblick sind folgende Punkte anzusprechen:

Düngung nach Bedarf: Es bleibt bei dem Grundsatz der bedarfs- und zeitgerechten Düngung in Abhängigkeit von Ertrags- und Qualitätserwartungen der jeweiligen Standorte und Anbaubedingungen. Der Nährstoffbedarf ist schlagspezifisch zu ermitteln, und über die Düngung ein Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Nährstoffbedarf und der Nährstoffversorgung herzustellen (§ 3 Absätze 1-3 DüV). Vorgaben zu der Art der Ermittlung der über den Boden oder anderweitig verfügbaren Nährstoffmengen, gibt es für Stickstoff (jährlich durch Beprobung des Bodens oder einschlägige Untersuchungsergebnisse bzw. Berechnungs- oder Schätzformeln) und Phosphat (Bodenuntersuchung im Rahmen der Fruchtfolge, mindestens aber alle 6 Jahre). Darauf beschränkt sich auch die Aufzeichnungspflicht, die bei Kontrollen spätestens bis zum 31. März für das vorhergegangene Düngejahr nachzuweisen ist.

Organische Dünger nur bei bekannten Nährstoffgehalten: Zukünftig müssen dem Landwirt vor dem Aufbringen die Gesamtstickstoff- und Phosphatgehalte aller organischen oder organisch-mineralischen Düngemittel einschließlich Wirtschaftsdünger bekannt sein; bei Gülle, Jauche und sonstigen flüssigen organischen Düngemitteln oder Geflügelkot zusätzlich der Ammoniumstickstoffgehalt (§ 4 Absatz 1DüV). Als Basis sind die vom Abgeber derartiger Düngemittel vorgeschriebenen Kennzeichnungen zugelassen. Bezüglich Cross Compliance werden die Dokumentationen überprüft. Bei Einsatz überbetrieblicher organischer Düngemittel, wie Komposten oder Gärprodukten aus Biogasanlagen, sollte sorgfältig auf die Vorlage von Belegen mit entsprechenden Nährstoffangaben durch den Abgeber geachtet werden (z. B. Prüfzeugnisse der RAL-Gütesicherung). Die Aufzeichnungen sind 7 Jahre nach Ablauf des betreffenden Düngejahres aufzubewahren.

„Herbstdüngung“ mit flüssigen Düngern: Auf Ackerland dürfen nach der Ernte der letzten Hauptfrucht vor dem Winter Gülle, Jauche, Geflügelkot und sonstige flüssige organische oder organisch-mineralische Düngemittel mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff (d.h. flüssige Gärrückstände aus Biogasanlagen) nur zu Folgekulturen einschließlich Zwischenfrüchten oder zur Strohdüngung aufgebracht werden. Dabei dürfen max. 40 kg Ammoniumstickstoff oder 80 kg Gesamt-Stickstoff pro ha nicht überschritten werden (§ 4 Absatz 5 DüV). Feste organische Dünger wie Komposte oder feste Gärrückstände sind davon nicht betroffen.

Sperrfristen: Die Ausbringungssperrfrist wird ab dem Wirtschaftsjahr 2006/2007 auf alle Stickstoff-Düngemittel mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff (ausgenommen Festmist ohne Geflügelkot) ausgedehnt und bis zum 31. Januar verlängert (siehe Seite 33).

Unverzügliche Einarbeitung: Wer Gülle, Jauche, oder sonstige flüssige organische oder organisch-mineralische Düngemittel mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff (d.h. flüssige Gärrückstände aus Biogasanlagen) oder Geflügelkot auf unbestelltes Ackerland aufbringt, hat diese unverzüglich einzuarbeiten. Feste organische Dünger wie Komposte oder feste Gärrückstände sind davon nicht betroffen.

Umsetzung der Nitratrichtlinie: Die von der EG-Nitratrichtlinie geforderte Begrenzung der zulässigen Ausbringung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft auf max. 170 kg Gesamtstickstoff gilt zukünftig pro ha im Durchschnitt der landwirtschaftlich genutzten Fläche eines Betriebes ohne Unterscheidung zwischen Grünland und Ackerland (§ 4 Absatz 3 DüV). Als Ackerland zählt dabei auch die Nutzung von obligatorisch stillzulegenden Flächen, wenn darauf eine anderweitig zulässige Erzeugung, z. B. der Anbau nachwachsender Rohstoffe, erfolgt. Regelungen über Ausnahmen, nach denen Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft auf Grünland, Feldgras und im Gemüsebau bis zu 230 kg Gesamtstickstoff aufgebracht werden können, sind derzeit strittig und bedürfen der Zustimmung der Europäischen Kommission (siehe Seite 34).

Nitratrichtlinie und Gärprodukte: Bei Einsatz von Wirtschaftsdüngern aus Mischungen unterschiedlicher Stoffe (z.B. Gärrückstände aus Wirtschaftdüngern und Bioabfällen), wird die Einhaltung der Anforderungen der Nitratrichtlinie durch Bewertung des darin enthaltenen Stickstoffanteils aus tierischen Ausscheidungen berechnet. Da sich die EU-Nitratrichtlinie nur auf Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft bezieht, bleibt der aus Bioabfällen stammende Stickstoff unberücksichtigt. Ungeachtet dessen gilt jedoch, dass Überschüsse an Gesamt-Stickstoff nach § 6 Absatz 2 limitiert sind (siehe Seite 35).

Nährstoffbilanzen: In der Neufassung der Düngeverordnung sind betriebliche Nährstoffvergleiche für Stickstoff und Phosphat vorgeschrieben. Danach muss der Landwirt für diese Nährstoffe Flächen- oder Schlagbilanzen erstellen und nachweisen, dass die mit der Düngung zugeführten Nährstoffmengen dem Bedarf der Pflanzen und des Bodens entsprechen. Fakt ist, dass der in organischen Düngern enthaltene Stickstoff, insbesondere bei festen organischen Düngemitteln wie Kompost oder festen Gärprodukten, im wesentlichen in der organischen Substanz gebunden ist und damit für die Düngung nicht angerechnet werden kann. Da die Nährstoffvergleiche für Stickstoff jedoch stets auf die Gesamtgehalte abheben, erhebt sich für organische Dünger die Frage, welche Anteile an Stickstoff für die Pflanzenernährung anrechenbar sind und wie zwangsläufig auftretende Überschüsse an Gesamt-Stickstoff bewertet werden können.


2. Sperrfristen für Dünger mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff

Nach § 4 Absatz 4 DüV dürfen Düngemittel mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff in den nachfolgenden Zeiträumen nicht aufgebracht werden:


Ackerland: Sperrfrist vom 01. November bis 31. Januar
Grünland: Sperrfrist vom 15. November bis 31. Januar

Ein „wesentlicher Gehalt an verfügbarem Stickstoff“ liegt in einem Düngemittel vor, wenn sein Gehalt an Gesamtstickstoff über 1,5 % in der Trockenmasse beträgt und dabei mehr als 10 % des Stickstoffs löslich sind. Der lösliche Stickstoff ist der in einer CaCl2-Lösung lösliche Stickstoff.

Die Betroffenheit von Komposten und Gärprodukten durch die Sperrfristen kann wie folgt charakterisiert werden:

  • Fertigkomposte sind von den Sperrfristen nicht betroffen. Ausnahmen können in seltenen Fällen (Ausnahmen 4 %) auftreten.
  • Frischkomposte sind von den Sperrfristen in der Regel nicht betroffen. Ausnahmen können auftreten (Ausnahmen 12 %).
  • Feste Gärprodukte sind von den Sperrfristen i.d.R. (80 %) betroffen.
  • Flüssige Gärprodukte sind von den Sperrfristen immer betroffen (99 %).


Bei Komposten und Gärprodukten, die der RAL-Gütesicherung der Bundesgütegemeinschaft unterliegen, sind die o.g. Kriterien, nämlich der Gesamtstickstoff und der lösliche Stickstoff in den Prüfdokumenten der Gütesicherung (Fremdüberwachungszeugnis) ausgewiesen. Ob die Sperrfrist für das jeweilige Produkt gilt oder nicht, kann damit unmittelbar abgelesen werden. Das Fremdüberwachungszeugnis eignet sich in diesem Zusammenhang daher als Beleg bzw. Nachweis im Rahmen der Dokumentationspflichten der Düngeverordnung.

Ebenfalls verboten ist das Aufbringen von Düngemitteln mit „wesentlichen Nährstoffgehalten“ an Stickstoff oder Phosphat, wenn der Boden überschwemmt, wassergesättigt, gefroren oder durchgängig höher als 5 cm mit Schnee bedeckt ist (§ 3 Absatz 5 DüV). Ein „wesentlicher Nährstoffgehalt“ liegt vor, wenn das Düngemittel in der Trockenmasse mehr als 1,5 % Stickstoff (Gesamt-N) oder mehr als 0,5 % Phosphat (P2O5) aufweist.

Ferner ist bei der Ausbringung von Düngemitteln mit „wesentlichen Nährstoffgehalten“ zwischen der Böschungsoberkante eines oberirdischen Gewässers und der durch die Arbeitsbreite des Ausbringungsgerätes bestimmten Ausbringungsfläche ein Abstand von 3 m einzuhalten und unabhängig davon dafür zu sorgen, dass keine Abschwemmungen in oberirdische Gewässer erfolgen (§ 3 Absatz 6 DüV).

Eine Nichtbeachtung der genannten Bestimmungen kann nicht nur zu Ordnungswidrigkeiten führen, sondern bedeutet hinsichtlich Stickstoff auch eine Nichteinhaltung von Cross Compliance-Kriterien. (KE)


3. Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung der Düngeverordnung geplant

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe plant unter Vorsitz des Landes Hessen eine Musterverwaltungsvorschrift zur Umsetzung der Düngeverordnung. Zu Konkretisierung der Regelungen im Einzelfall sowie zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs, bedarf die Verordnung tatsächlich in vielen Punkten näherer Ausführungen.

Die zu behandelnden Sachverhalte lassen sich in 2 Bereiche gliedern:

  • Sachverhalte, die von der Kommission kritisch hinterfragt wurden und für die am 15.04.2006 in einem Gespräch mit der Kommission Lösungen gefunden werden sollen. Diese Fragestellungen müssen vorrangig geklärt werden und Strafen der EU wegen unzureichender Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie abzuwenden. Die Ergebnisse sollen kurzfristig in Vollzugshinweise münden.
  • Sonstige Fragestellungen zur Konkretisierung von Einzelvorschriften der Verordnung, die zu einem späteren Zeitpunkt in Form einer Musterverwaltungsvorschrift erwartet werden.


Bezüglich der mit der Kommission strittigen Fragen hat die Agrarministerkonferenz am 10. März unter TOP 24 das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) gebeten, verbindliche und bundeseinheitliche Vollzugshinweise zu erarbeiten und dabei insbesondere folgende Punkte zu regeln: Konkretisierung des Vollzugs im Hinblick auf die Ermittlung des Düngebedarfs, Tabelle für die Nährstoffausscheidungen von Nutztieren (Anhang 2 DüV), Anforderungsprofil für Geräte zur exakten Ausbringung von Düngemitteln, Kriterien für die Gewährung von Ausnahmen von der Sperrfrist und vom Aufbringungsverbot auf gefrorene Böden, Verfahren zur Ermittlung der notwendigen Lagerkapazität. Ziel der Fokussierung auf diese Punke ist es, Voraussetzungen zu schaffen, um möglichst schnell die Ausnahmegenehmigung für eine erhöhte Stickstoff-Höchstgrenze aus Wirtschaftsdüngern (230 kg/ha) nutzen zu können.

Weitere Konkretisierungen, sind erst in der „großen“ Musterverwaltungsvorschrift zu erwarten. Wann diese fertig sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar.


4. Nährstoffbilanz wird Pflicht

In der Neufassung der Düngeverordnung sind nach § 5 Absatz 1 betriebliche Nährstoffvergleiche für Stickstoff und Phosphat vorgeschrieben. Der bisherige Nährstoffvergleich ist zukünftig eine Bilanzierungsvorschrift mit vorgeschriebenen Überschussobergrenzen, die in § 6 Absatz 2 konkretisiert sind. Bis zum Jahr 2011 soll danach der zulässige Überschuss an Stickstoff stufenweise von heute 90 kg auf 60 kg je Hektar und Jahr reduziert werden. Bei Phosphat beträgt der zulässige betriebliche Überschuss im Durchschnitt der letzten 6 Düngejahre 20 kg P205 je Hektar und Jahr. Der bisher vorgeschriebene Nährstoffvergleich für Kali entfällt.

Der Nährstoffvergleich für Stickstoff oder Phosphat ist in Form einer Flächenbilanz auf Betriebsebene oder von betrieblich aggregierten Schlagbilanzen (auch Bilanzen auf Basis von Bewirtschaftungseinheiten) aufzustellen. Die Erstellung hat jährlich bis zum 31. März für das vorangegangene Düngejahr zu erfolgen, während der bisherige Vergleich spätestens sechs Monate nach Ende des Wirtschaftsjahres aufgestellt sein musste. Damit ist bis Ende 2006 letztmalig der Nährstoffvergleich nach dem alten Muster aufzustellen.

Als Nährstoffzufuhr fließen alle auf die Gesamtfläche des Betriebes oder den jeweiligen Schlägen bzw. Bewirtschaftungseinheiten aufgebrachten Nährstoffe ein und zwar aus Mineraldüngern, Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft, sonstigen organischen Düngemitten wie Kompost, Gärrückstände, Klärschlämme und bei Stickstoff zusätzlich die N-Bindung von Leguminosen. Von dieser Nährstoffzufuhr ist der Nährstoffentzug durch Ernteprodukte und Nebenprodukte inkl. Beweidung abzuziehen und der betriebliche Saldo zu bilden, aus dem dann der durchschnittliche Überschuss pro Hektar bewirtschafteter Fläche zu ermitteln ist.

Die Nährstoffbilanzen sind der zuständigen Behörde auf Anforderung vorzulegen und sieben Jahre nach Ablauf des betreffenden Düngejahres aufzubewahren. Beträgt der für das laufende Mittel von drei Jahren festgestellte Überschuss bis einschließlich des Düngejahres 2008 nicht mehr als 90 kg N pro Hektar, wird die Einhaltung der guten fachlichen Praxis einer bedarfs- und zeitgerechten Düngung vermutet. Ab dem Düngejahr 2009 gilt diese Einschätzung nur noch bei Überschüssen von maximal 80 kg N pro Hektar, 2010 soll der gemittelte Überschuss nicht mehr als 70 kg N/ha betragen und ab 2011 noch 60 kg. Es ist davon auszugehen, dass die neue Bilanzierungsregel im Gegensatz zu den bisherigen Nährstoffvergleichen künftig auch zum Gegenstand von Cross-Compliance-Kontrollen gemacht wird.

Bei Phosphat gilt die Vermutung einer bedarfs- und zeitgerechten Düngung, wenn nach dem gleichen Verfahren entweder im sechsjährigen Mittel maximal 20 kg Überschuss ausgewiesen werden oder alternativ durch die vorgeschriebenen Bodenuntersuchungen im sechsjährigen Abstand der Nachweis erbracht wird, dass der Phosphatgehalt im Durchschnitt der bewirtschafteten Flächen 20 Milligramm (CAL-Methode) je 100 Gramm Boden bzw. 3,6 Milligramm Phosphor (EUF-Verfahren) nicht
überschreitet.

Um Besonderheiten bei bestimmten Betriebstypen, bei der Anwendung bestimmter Düngemittel, beim Anbau bestimmter Kulturen oder anderen Besonderheiten Rechnung zu tragen, darf der Betriebsinhaber über die o.g. Grenzen hinaus weitere unvermeidliche Überschüsse oder erforderliche Zuschläge nach Vorgabe oder in Abstimmung mit der nach Landesrecht zuständigen Stelle berücksichtigen (§ 5 Absatz 3 i.V.m. Anlage 2 Zeile 15 DüV). Diese Bestimmung ist v.a. für organische Dünger von Relevanz, deren Gehalt an Stickstoff zum überwiegenden Anteil organisch gebundener ist.

Von der Nährstoffbilanz ausgenommen sind bestimmte Betriebe (z.B. Kleinbetriebe unter 10 ha oder bis zu 1 ha Gemüse) oder bestimmte Flächen (z.B. Zierpflanzen oder Baumschulflächen), die in § 5 Absatz 4 DüV näher bestimmt sind.


5. Gesichtspunkte für Stickstoffbilanzen bei der organischen Düngung

Die nach § 5 Absatz 1 DüV in der Landwirtschaft zu erstellenden Nährstoffvergleiche (Nährstoffbilanzen) sind für Stickstoff in Anhang 2 der Verordnung konkretisiert. Für Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft sind dort Kennzahlen über Stall-, Lagerungs- und Ausbringungsverluste sowie die zu berechnende Zufuhr im Rahmen des Nährstoffvergleiches aufgeführt.

Für andere organische Dünger, wie Komposte oder Garrückstände, fehlen solche Kennzahlen. Stattdessen ist in Anlage 2 Zeile 15 bestimmt, dass der Landwirt die Bewertung solcher „bestimmter Düngemittel“ nach Vorgabe oder in Abstimmung mit der nach Landesrecht zuständigen Stelle vornehmen kann.

Bei organischen Düngemitteln sind z.T. große Anteile an Stickstoff in der organischen Substanz gebunden und werden daher nicht direkt pflanzenwirksam. Vielmehr verbleibt ein Teil des organisch gebundenen Stickstoffs im Boden und geht dort mittelfristig in die Humusmatrix ein.

Der Sachverhalt ist in Abbildung 1 veranschaulicht. Unterschiede zwischen den organischen Düngern sind deutlich erkennbar. Flüssige organische Dünger sind durch hohe Anteile an mineralisch gebundenem Stickstoff und Komposte durch hohe Anteile an schwer abbaubarem (humusreproduktionswirksamem) Stickstoff gekennzeichnet.

Abbildung 1: Stickstofffraktionen in organischen Düngern

 



Quelle: Organische Düngung – Grundlagen der guten fachlichen Praxis, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) und Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK) 2005. (Siehe Seite 74)

Aus vorgenannten Gründen ist der in organischen Düngern enthaltene Stickstoff nur zu einem (zum Teil sehr geringen) Anteil pflanzenwirksam bzw. für die Düngung im Sinne der Pflanzenernährung anrechenbar.

Dies gilt insbesondere für Dünger wie Komposte oder feste Gärprodukte. So wird der pflanzenwirksame Anteil z.B. für Kompost (Grün-/Biokompost) im Handbuch zur Hoftorbilanz 2005 der Landwirtschaftskammer Rheinland im Anwendungsjahr mit 3 % N von N-gesamt bewertet und mit 7 % von N-gesamt in den Folgejahren. In entsprechenden Tabellenwerken aus Niedersachsen werden für Komposte pauschal 15 % N von N-gesamt als anrechenbar angesetzt. Um Unterschiede zwischen verschiedenen Komposten (nährstoffreich/nährstoffarm) besser Rechnung zu tragen, ist als für die Pflanzenernährung anrechenbarer Stickstoff auch das doppelte des CaCl2-löslichen Anteils in Diskussion. In den Prüfzeugnissen zur RAL-Gütesicherung sind derzeit 5 % des organisch gebundenen Stickstoffs zzgl. des löslichen Stickstoffs (im CaCl2-Extrakt) ausgewiesen.

Aus der überwiegenden organischen Bindung des Stickstoffs in Düngemitteln wie Kompost ergibt sich, dass der Einsatz solcher bestimmter Düngemittel bei der Stickstoffbilanz notwendigerweise mit Überschüssen an Stickstoff verbunden ist. Diese Überschüsse sind beim Nährstoffvergleich nach der Düngeverordnung zu bewerten. Bei der Bewertung ist dabei u.a. folgender Gesichtspunkt zu berücksichtigen: Ein Bedarf an Stickstoff im Sinne der guten fachlichen Praxis der Düngung ist nicht nur für die Pflanzenernährung gegeben, sondern auch bei der Humusreproduktion des Bodens, die als eigenständige Stickstoff-Bedarfsposition angesehen werden muss.

Grundlage des in die Humusreproduktion eingehenden Anteils an Stickstoff ist die im VDLUFA Standpunkt „Humusbilanzierung“ ausgewiesene Humusreproduktionsleistung organischer Dünger. Diese berücksichtigt neben der in den Düngern enthaltenen Menge an organisch gebundenem Kohlenstoff (TOC) auch dessen Abbaustabilität im Boden. Da beim Einbau von Dünger-TOC in den Bodenhumus von einer Angleichung an das C/N-Verhältnis des Bodens von 10:1 ausgegangen werden kann, ist der Bedarf an Stickstoff für den Humusaufbau bzw. die Humusreproduktion ableitbar (Abbildung 2).

Abbildung 2: Anrechenbare Anteile an Stickstoff in bestimmten Düngemitteln zur Humusreproduktion
Düngemittel

 

  1. Glühverlust (GV) in % der Trockenmasse (organische Trockensubstanz)
  2. Organisch gebundener Kohlenstoff in % der Trockenmasse (rechnerisch GV x 0,58)
  3. Anteil an wirksamem Humus-C am organisch gebundenen Kohlenstoff (C-org.) nach Reinhold, VDLUFA Schriftenreihe, Band 61, Bonn, 2005.
  4. Anteil des anrechenbaren Stickstoffs zur Humusreproduktion am Gesamtstickstoffgehalt des Düngemittels (gerundet).


Die gute fachliche Praxis der Düngung muss die für die Pflanzenernährung tatsächlich wirksamen und damit anrechenbaren Anteile an Stickstoff in organischen Düngern realistisch abschätzen und bewerten. Eine Überbewertung dieses Anteils - im Extrem die Anrechnung des Gesamtgehaltes an Stickstoff – führt zu einer Deckungslücke des tatsächlichen Düngebedarfs.

Würde in organischen Düngern enthaltener Stickstoff in vollem Umfang als Pflanzennährstoff gewertet, würde rechnerisch eine „Düngung“ vorgetäuscht, die im Sinne der Pflanzenernährung nicht gegeben ist. Und eine bedarfsgerechte mineralische Ergänzungsdüngung würde gleichzeitig unterbunden, weil sich daraus Überschüsse an Gesamt-N ergeben, die nach § 6 Absatz 2 der Düngeverordnung unzulässig sein können. In der Konsequenz würde dies eine sachgerechte organische Düngung, die u.a. auf eine Humusreproduktion bzw. Humusanreicherung des Bodens ausgerichtet ist, erschweren oder verhindern. Eine sachgerechte Bewertung von Bilanzüberschüssen aufgrund der Anwendung organischer Dünger ist daher erforderlich und geboten. (KE)

Quelle: H&K 01/06

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