Ein Aufbringungsverbot für Klärschlamm wäre nicht EU-konform

Der bundesrepublikanische Gesetzgeber ist bei seiner Entscheidungsfindung durch bestimmte Aussagen des Völkerrechts, durch das Recht der Europäischen Gemeinschaften oder durch das Verfassungsrecht vielfach gebunden. Für das Aufbringen von Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzte Böden gilt die Richtlinie des Rates 86/278/EWG vom 12. Juni 1986 über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft.

Nach Art. 3 der Richtlinie dürfen Klärschlämme bei Beachtung der Bestimmungen, die die Richtlinie selbst normiert oder die der Mitgliedsstaat zum Schutze der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt gegebenenfalls für erforderlich hält, auf und in den Boden ausgebracht werden. Daraus folgt, dass ein vollständiges Verbot des Aufbringens von Klärschlamm mit der Richtlinie unvereinbar ist.

Richtlinien bedürfen nach Art. 189 Abs. 3 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) a.F./249 Abs. 3 EGV n.F. zu ihrem Wirksamwerden der Umsetzung in nationales Recht. In der Bundesrepublik ist die Umsetzung mit Hilfe der Klärschlammverordnung geschehen. Diese sei in dem Rahmen änderbar, den das EG-Recht zulässt. Ein vollständiges Verbot des Aufbringens von Klärschlamm ist nicht möglich.

Ein Vorbehalt besteht jedoch aufgrund des Grundsatzes des bestmöglichen Umweltschutzes. Wenn eine umweltschützende Maßnahme auf Art. 130s EGV a.F./Art. 175 EGV n.F. gestützt ist, sieht Art. 130t EGV a.F./Art. 176 EGV n.F. vor, dass jeder Mitgliedsstaat verstärkte Schutzmaßnahmen ergreifen oder beibehalten darf. Zugunsten des Umweltschutzes sind nationale Alleingänge möglich.

Der EG-Vertrag stellt jedoch weitere Voraussetzungen auf, die die Möglichkeit des nationalen Alleingangs beschränkten: die Maßnahmen dürfen nicht diskriminierend und nicht unverhältnismäßig sein; sie müssen ferner notifiziert werden.

Nach Ansicht von Prof. Dr. F.-J. Peine, des Professors für öffentliches Recht an der Universität Viadrina, Frankfurt/Oder könnte sich die Bundesrepublik zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf die Schutzverstärkungsklausel berufen. Die hier einschlägige EG-Richtlinie sei nicht auf Art. 130s EGV a.F. gestützt, sondern auf die Artikel 100 und 235 EGV a.F. Damit fehle es bereits an der ersten Prämisse, die erfüllt sein müsse, um einen Einsatz des Rechts der Schutzverstärkungsklausel erwägen zu können.

In Zukunft könnte die EG eine neue Richtlinie über die Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft auf Art. 176 EGV stützen. Bislang habe die Bundesrepublik einen nationalen Alleingang allerdings immer vermieden.

Das Recht des Umweltschutzes wirke sich stark auf die Handlungsmöglichkeiten der Unternehmen aus; es zähle zu den wichtigsten Rahmenbedingungen für unternehmerische Entscheidungen. Die Bundesrepublik sollte nach Ansicht von Prof. Peine solche Regeln vermeiden, die deutsche Unternehmen in Relation zu Unternehmen anderer Mitgliedsstaaten benachteiligten. Die Europäische Union sei geschaffen worden, um Wettbewerbsgleichheit zu erzeugen und erreichte Wettbewerbsgleichheit zu bewahren. Dieser Gesichtspunkt sollte auch in Zukunft das Handeln der Politiker leiten.

Quelle: Umwelt- und Planungsrecht 12/2000, S. 2. (SR)

Quelle: H&K 01-3-197

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