Aktueller Stand des Wissens über organische Schadstoffe und endokrine Substanzen in Sekundärrohstoffdüngern

Im Rahmen der von Seiten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) am 25. und 26. Oktober 2001 in Bonn durchgeführten wissenschaftlichen Anhörung zur Zukunft der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlamm, Gülle und anderen Düngern wurde auch der aktuelle Wissensstand über die Verbreitung von organischen Schadstoffen und Stoffen mit endokriner Wirkung in Sekundärrohstoffdüngern diskutiert. Bislang liegen jedoch erst wenige wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesen Themenkomplexen vor. Über einige der Untersuchungen wird nachfolgend ein Überblick gegeben.

Das Institut für Wasserforschung GmbH, Schwerte, hat im Rahmen einer Literaturstudie organische Stoffe und endokrin wirksame (hormonell wirksame) Substanzen in Klärschlamm, Kompost und Wirtschaftsdünger untersucht, die Auswirkungen auf den Boden und das Grundwasser haben könnten. Dabei wurden insbesondere Human- und Veterinärpharmaka, Hormone, Phthalate, Phenole, Organo-Zinn-Verbindungen und Polyacrylsäuren betrachtet. In Klärschlämmen werden davon Humanpharmaka, Hormone, Phthalate, Phenole, Organo-Zinn-Verbindungen, Polyacrylate, Polyacrylamide und kosmetische Inhaltsstoffe erwartet. In Komposten werden Vorkommen von Phthalaten und Phenolen vermutet.

Obwohl das Vorkommen und die Gehalte vieler Stoffe nicht abschließend geklärt sind, lassen die Literaturdaten, nach Aussagen von Vertretern des Instituts für Wasserforschung, orientierende Abschätzungen von Bodeneinträgen organischer Xenobiotika durch einen Düngereinsatz zu. So könnten bei einer ordnungsgemäßen Gülleausbringung Antibiotikafrachten bis zu 1 kg/(ha*a) auftreten, während bei einer Klärschlammapplikation beispielsweise die Frachten von Diethylhexylphthalat in der Regel unter 0,1 kg/(ha*a) lägen.

Inwieweit eine Verlagerung aus dem Boden in den tieferen Untergrund und das Grundwasser möglich ist, wird für viele Verbindungen als ungeklärt angesehen. Vielfach ließen sich auch erste Angaben für einen möglichen Stofftransport ableiten, so die Wissenschaftler weiter. Die Substanzen unterlägen zumeist einer Abbaudynamik. Somit sei eine Akkumulation im Boden auf lange Sicht nicht zu erwarten. Zusätzlich könne bei vielen Verbindungen aufgrund ihrer Stoffeigenschaften eine sorptive Festlegung im Boden erwartet werden. Weitere Untersuchungen zu Stoffvorkommen und -verlagerung werden als notwendig erachtet.

Vom Institut für Bodenkunde der Universität Bonn wurde eine erste Abschätzung zu möglichen Auswirkungen organischer Schadstoffe auf Bodenmikroorganismen anhand verfügbarer Literatur vorgenommen. In der Fachliteratur würden dabei als Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen, die ein mögliches Risiko darstellen, insbesondere PCB (polychlorierte Biphenyle), PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe), CKW (Chlorkohlenwasserstoffe), DEHP (Di-(2-ethylhexyl)-phthalat), Tenside (bes. LAS (lineares Alkylbenzolsulfonat)), Dioxine und Furane sowie Organo-Zinn-Verbindungen genannt.

Ob die mit Klärschlämmen eingetragenen Xenobiotika das Bodenleben längerfristig beeinträchtigten, hänge nach Einschätzung des Bodenkundlers im wesentlichen von den Faktoren substanzspezifische Toxizität, Eintragsmenge, Persistenz, Mobilität und Verfügbarkeit ab. In verschiedenen Übersichtsartikeln werde mehrheitlich die Meinung vertreten, daß die derzeit zu findenden Gehalte organischer Schadstoffe für die Bodenmikroflora keine Gefährdung darstellten. Nach Ansicht des Wissenschaftlers sind ökotoxikologisch begründete Prüfwerte für organische Schadstoffe im Sinne maximal tolerierbarer Rückstandsgehalte in den Sekundärrohstoffen zu fordern. Erste Vergleiche deuteten an, so der Wissenschaftler, dass die Gehalte organischer Schadstoffe in Klärschlämmen in den meisten Fällen aber unterhalb entsprechender Prüfwerte lägen.

Bei Untersuchungen der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Speyer wurde das Transferverhalten von organischen Schadstoffen aus Klärschlamm in die höhere Pflanze analysiert. Dazu wurde ein Klärschlamm-Felddüngungsversuch mit Spinat und Möhren in den Jahren 1990 und 1991 angelegt. Anschließend wurden die Kulturpflanzen auf mögliche Gehalte an den organischen Schadstoffen PCDD/F (polychlorierte Dibenzodioxine/Dibenzofurane), PCB (polychlorierte Biphenyle) sowie isomere 4-Nonylphenole und Chlorphenole untersucht. In den Versuchen konnte kein Transfer der Schadstoffe in die Kulturpflanzen Spinat und Möhren nachgewiesen werden. Vielmehr wurde gezeigt, dass der Belastungspfad mit organischen Schadstoffen aus der Atmosphäre (Immission) für die Kulturpflanzen an dem betreffenden Standort größer war, als der, der aus dem Boden nachgewiesen werden konnte.

Quelle: Tagungsband (Kurzfassungen der Beiträge) zur wissenschaftlichen Anhörung BMU/BMVEL am 25.-26.10.2001, Bezug: Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL), Bartningstraße 49, 64289 Darmstadt, Tel.: 06151/70 01-0, Fax: 06151/70 01-123. (SR)

Quelle: H&K 4/2001, S.309

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