Darstellungen des Sachverständigenrates für Umwelt zur Bioabfallverwertung zurückgewiesen

In seinem Umweltgutachten 2004 hat der Sachverständigenrat für Umwelt (SRU) die Bioabfallverwertung in einem Licht dargestellt, das die Sinnhaftigkeit der getrennten Sammlung und stofflichen Verwertung fragwürdig macht. Die Darstellungen sind nicht nur seitens der Bioabfallwirtschaft zurückgewiesen worden, sondern auch bei sachkundigen Stellen auf Unverständnis gestoßen. Während die erheblichen Erfolge der getrennten Sammlung von Bioabfällen und die nutzbringende Verwertung daraus erzeugter Komposte eher in Nebensätzen gestreift werden, werden vermeintliche Probleme zum Teil in einer Art überzeichnet, die geeignet ist, Zweifel an der Sachlichkeit der Darstellungen zu begründen.

„Eine stoffliche Verwertung“, heißt es zunächst völlig zu Recht, „setzt die getrennte Sammlung von Bioabfällen voraus“. Diese Praxis würde jedoch, so weiter, „mittlerweile aus verschiedenen Gründen in Frage gestellt“. Als Argumente werden genannt:

  • Aus Gründen des vorsorgenden Bodenschutzes wird gefordert, den Eintrag von Schadstoffen über Kompost und Gärrückstände in landwirtschaftlichen Böden zu reduzieren.
  • Es wird zunehmend hinterfragt, in wie weit der Nutzen des Kompostes die mit dessen Erzeugung verbundenen höheren Kosten der getrennten Bioabfallsammlung und -verwertung im Vergleich zur gemeinsamen Erfassung mit dem Restmüll rechtfertige.
  • Erfassung und Behandlung von Bioabfällen führen zu Emissionen von Bioaerosolen, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können.
  • Es wird diskutiert, welchen Beitrag zum Klimaschutz die energetische Nutzung des Bioabfalls haben kann.


Welcher Rat den Sachverständigen bei diesen Allgemeinplätzen zur Seite gestanden haben mag, darf hinterfragt werden. Fest steht, dass mit den Äußerungen mehr Stimmungen als Tatsachen verbreitet werden. Kritikwürdig wird dies spätestens dann, wenn die „Stimmungen“ nicht mehr im Einklang mit den Fakten steht. Ohne an dieser Stelle in die Tiefe gehen zu können, müssen die Sachverhalte aber doch zu Recht gerückt werden:

Punkt 1: Bezüglich des vorsorgenden Bodenschutzes ist festzuhalten, dass es gerade die getrennte Sammlung von Bioabfällen war und ist, die dazu geführt hat, dass Gehalte an potentiellen Schadstoffen so gering sind wie niemals zuvor, und heute auf einem Niveau liegen, wie dies auch in Hausgartenkomposten der Fall ist. In der bislang umfangreichsten Studie zur Bewertung von Schwermetallgehalten in Komposten haben das Bundesumweltamt (UBA) und die Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK) gemeinsam nachgewiesen, dass die Gehalte an Schwermetallen in heutigen Komposten aus der getrennten Sammlung die natürlichen Hintergrundgehalte der Pflanzen und des Bodens widerspiegeln. Die Werte stehen keineswegs in Widerspruch zu den Vorsorgeanforderungen des Bodenschutzes und die Grenzwerte der Bioabfallverordnung haben sich zur Gewährleistung dieser Anforderungen als geeignet und erfolgreich erwiesen. (Siehe hierzu „Neubewertung von Kompostqualitäten“, UBA, Texte Nr. 15/2004).

Niemand behauptet ernsthaft, dass die Anwendung heutiger (gütegesicherter) Komposte im Widerspruch zum vorsorgenden Bodenschutz steht oder dass der damit verbundene Eintrag potentieller Schadstoffe bedenklich wäre und deshalb reduziert werden müsste. Aufgrund ihrer hohen Humusreproduktionsleistung sind Komposte gerade im Sinne des vorsorgenden Bodenschutzes für die Erhaltung und Förderung der Bodenfruchtbarkeit in intensiven landwirtschaftlichen Fruchtfolgen besonders wertvoll.

Punkt 2: Die im SRU-Gutachten desweiteren aufgestellte Behauptung, dass die getrennte Sammlung und Verwertung von Bioabfällen „in der Regel zu höheren Gesamtkosten in der Abfallentsorgung für die privaten Haushalte“ führt, ist schlicht falsch. Da hilft auch kein ausweichender Verweis auf erhebliche Bandbreiten. Tatsache ist, dass die getrennte Sammlung und Kompostierung bei üblichen Rahmenbedingungen eher zu geringeren als zu höheren Kosten führt. Entwicklungen in der Abfallwirtschaft, insbesondere das Ablagerungsverbot für unbehandelten Restmüll sowie die in der Regel deutlich höheren Kosten für die Restabfallbehandlung, sprechen eher dafür, die Biotonne einzuführen, als sie in Frage zu stellen. (Siehe hierzu Arktikel über Biotonne in den News).

Punkt 3: Auch die vom SRU behaupteten „neuen gesundheitsbezogenen Risiken“ bezüglich Emissionen von Bioaerosolen aus biologischen Behandlungsanlagen haben sich nach Überprüfung der Argumente im großen und ganzen als unbegründet erwiesen. Viele Aussagen des Gutachtens können bereits unter Verwendung der dort selbst genannten Literaturstellen relativiert oder direkt widerlegt werden. Bestehende Rechtsbestimmungen und Richtlinien werden nicht oder unzureichend genannt. Etablierte technische und betriebliche Maßnahmen, die häufig einen erwiesenen und angemessenen Schutz von Beschäftigten und Anwohnern gewährleisten, werden nicht oder nicht ausreichend gewürdigt.

Die Bundesgütegemeinschaft hat die berechtigte Kritik an diesem Teil des Gutachtens in einer Stellungnahme zusammengefasst und in der letzten Ausgabe dieses Informationsdienstes veröffentlicht (siehe www.kompost.de, Button „Infodienst“, Rubrik „Stellungnahmen“). Auch bei einem zu diesem Thema eigens angesetzten Fachgespräch des BMU wurde die Behauptung „neuer gesundheitliche Risiken“ nicht belegt und in der Konsequenz die Forderungen des SRU nach einer Verschärfung der TA-Luft als unbegründet zurückgewiesen.

Punkt 4: Mit der Frage, ob und welchen Beitrag zum Klimaschutz die energetische Verwertung des Bioabfalls leisten könnte, zieht der SRU schließlich auch in Betracht, Bioabfall zu verbrennen. Denn, so die Ausführungen, „Bioabfall eignet sich neben einer stofflichen grundsätzlich auch zu einer energetischen Verwertung“. Da aber getrennt erfasste Bioabfälle schlechter brennen als Restmüll, wird eine dazu passende Literaturstelle zitiert, sei „eine getrennte Erfassung nicht erforderlich, bzw. nicht erwünscht“.

Fehlt eigentlich nur noch die Forderung, die dann wieder im Restmüll enthaltenen Bioabfälle bei der Verbrennung auch noch nach EEG zu subventionieren, um an den Fundamenten der bestehenden und gut funktionierenden stofflichen Kreislaufwirtschaft von Bioabfällen weiter zu sägen.

Dass das Kapitel über die Bioabfallverwertung keine Glanzleistung ist, ist nach erheblicher Kritik wohl auch Vertretern des SRU bewusst geworden. Jedenfalls wurde in einer Aussprache am 28. Januar 2005 in Berlin gegenüber dem Bundesverband der Humus- und Erdenwirtschaft (BHE) und der Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK) versichert, die Organisationen in die fachlich-sachliche Bewertung des nächsten Gutachtens frühzeitig einzubeziehen. Da die Umweltgutachten aber nur noch alle 4 Jahre verfasst werden, ist dies leider frühestens zum Gutachten 2008 der Fall. (KE)


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