Kompostierung und Treibhausgase: Strategische Ansätze und erste Bewertung

Im Kyoto-Protokoll, das 1997 von der 3. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention beschlossen wurde, verpflichten sich die Industriestaaten, ihre gemeinsamen Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008 bis 2012 um mindestens 5 % unter das Niveau von 1990 zu senken. Dabei haben die Länder unterschiedliche Emissionsreduktionsverpflichtungen akzeptiert, wie z. B. die Europäische Union mit – 8 %. Die konkrete Ausgestaltung des Protokolls wurde unter anderem auf der Fortsetzung der 6. Vertragsstaatenkonferenz in Bonn im Juli 2001 verhandelt.

Dort ist es den Vertragsstaaten gelungen, trotz des Ausstiegs der USA und des zögerlichen Verhaltens anderer Staaten, eine Einigung zu erzielen und die Voraussetzungen für die Ratifikation und Umsetzung des Kyoto-Protokolls zu schaffen. Die EU strebt an, das Kyoto-Protokoll im August/September 2002 zu ratifizieren. Die Frage, inwieweit menschliche Aktivitäten zur Erweiterung von Senken als Klimaschutzmaßnahme angerechnet werden, war zentraler Verhandlungspunkt der Bonner Konferenz.

Die natürlichen Ökosysteme speichern große Mengen an Kohlenstoff: Wälder speichern Kohlenstoff in lebender pflanzlicher Biomasse, Böden speichern Kohlenstoff in der Humusschicht. Ein Ökosystem stellt dann eine "Senke“ für Kohlenstoff dar, wenn es weiteren Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernt. Durch Aufforstungsprojekte, angepasste Ackerbaumethoden (z. B. weniger tiefes Pflügen) und andere land- und forstwirtschaftlichen Maßnahmen ist es somit möglich, die Bilanz der Treibhausgase positiv zu beeinflussen. Senken stellen jedoch keine dauerhaften Kohlenstoffspeicher dar und sind nicht zuletzt deshalb politisch umstritten. Als wichtiges Ergebnis der Bonn-Konferenz für den landwirtschaftlichen Sektor wurde jedoch beschlossen, die Nutzung von landwirtschaftlichen Böden als Senke ohne Beschränkung zu ermöglichen.

Dem landwirtschaftlichen Sektor wird, obwohl in der Vergangenheit stark vernachlässigt, vor dem Hintergrund der Beschlüsse der Bonner Konferenz im Kampf gegen die Klimaänderungen von Seiten der Politik und Praxis große Bedeutung beigemessen. Folgende Zahlen (Generaldirektion Landwirtschaft, Europäisches Klimaänderungsprogramm, 2001) belegen dies eindrucksvoll: im Jahre 1990 betrugen die Methanemissionen aus der Landwirtschaft 41 % aller CH4-Emissionen, die Distickstoffoxid-Emissionen erreichten 51 % der N2O-Emissionen. Zusammen mit den Kohlendioxid-Emissionen betrugen die landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen damit ca. 11 % der gesamten Treibhausgasemissionen der Europäischen Union in 1990.

Andererseits könnte das Absorptionspotenzial von landwirtschaftlichen Böden einen signifikanten Beitrag leisten, das Reduktionsziel der Europäischen Union von - 8 % zu erreichen. Bezugnehmend auf wissenschaftliche Ergebnisse, könnten durchschnittlich 0,3 t/ha C (1,1 t CO2) aufgrund veränderter Landnutzungsaktivitäten absorbiert werden.

Deshalb sei es für die Zukunft wichtig, dass die Politik konkrete Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasen im Bereich des landwirtschaftlichen Sektors vornehme, so Dominic Hogg von der ECOTEC Forschung & Consulting im Rahmen eines Workshops der Generaldirektion Umwelt und der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission im April 2002 in Brüssel. Die ECOTEC Forschung & Consulting ist zusammen mit der Scuola Agraria del Parco di Monza u. a. gleichzeitig auch Projektnehmer einer von Generaldirektion Umwelt geförderten Studie zu "Ökonomische Analyse von Möglichkeiten der Behandlung biologisch abbaubarer Siedlungsabfälle" (engl.: “Economic analysis of options for managing biodegradable municipal waste“) zu der ein Zwischenbericht verfügbar ist.

Eine Berechnung, die von der Generaldirektion Umwelt vorgenommenen wurde, schätzt, dass 20 % der landwirtschaftlichen Böden in der Europäischen Union als Senke genutzt werden könnten. Daraus resultiert ein Absorptionspotenzial von 7,8 Mt C, was 8,6 % des gesamten EU-Reduktionsziels entspricht. Der aktuelle Entwurf des EU-Diskussionspapiers zum Bodenschutz unterstreicht die Bedeutung dieses Bindungspotentials. So wird dort beispielsweise darauf verwiesen, dass nach Schätzungen ein Anstieg von 0,15 % an organischem Kohlenstoff in ackerbaulich genutzten Böden in einem Land wie Italien den gleichen Anteil von Kohlenstoff in Böden binden würde, wie derzeit durch die Nutzung von fossilen Brennstoffen in einem Jahr in die Atmosphäre abgegeben wird.

Dieses kann verglichen werden mit dem deutlichen Rückgang der organischen Substanz (OS) in Böden während der letzten Jahre, der oftmals zu einem Anteil von unter 2 % OS geführt hat.

Bei der Betrachtung von organischer Substanz unter ausschließlich energetischen Gesichtspunkten, wird nach Ansicht der Projektnehmer ihre Bedeutung für den Boden sowohl für Umgang mit Treibhausgasen (z. B. Anreicherung von organischem Kohlenstoff im Boden) als auch für die Optimierung von Anbautechniken und Erträgen unterschätzt. Dies sei derzeit bei der Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen der Fall, die ökonomische Anreize für die Verbrennung von Biomasse schaffe, aber die Bedeutung der OS hinsichtlich anderer Vorteilswirkungen nicht betrachte.

Zur Abschätzung von Treibhausgasströmen durch Kompostierung und Kompostanwendung werden im Rahmen der Studie folgende Aspekte untersucht:

  • Reduzierte Anwendung von chemischen Düngemitteln und damit verbundene Effekte (Ersatz von primären Nährstoffquellen, Vermeidung von Emissionen aus der Herstellung von Düngemitteln, Reduzierung von N2O-Emissionen von N-Düngern),
  • Ersatz von Torf durch Kompost als Mischkomponente in Kultursubstraten,
  • Potentielle Senke für Kohlenstoff im Boden durch die Anwendung von organischen Düngemitteln (Bindungspotential von landwirtschaftlichen Böden und methodische Probleme),
  • Erstbewertung der Bindung von Kohlenstoff durch vereinfachte Modelle,
  • Andere Nebeneffekte der Kompostanwendung auf die Entwicklung von Treibhausgasen.


Die Wiederverwendung von kompostierten organischen Abfällen könne, so Hogg, zumindest im Hinblick auf die Minderung von Stickoxidemissionen und Bindung von Kohlenstoff einen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen leisten. Darüber hinaus seien durch die Kompostanwendung weitere zusätzliche Effekte, wie beispielsweise der Ersatz mineralischer Düngemittel und die reduzierte Anwendung von Pestiziden realisierbar. Hierbei wären u. a. die Emissionen für deren Produktion zu vermeiden. Verbesserter Feldbau und bessere Bearbeitbarkeit durch Aufbringung von Kompost, was zu einem geringeren Verbrauch an Brennstoffen führen könnte, stellten weitere positive Effekte dar.

Quelle: D. Hogg/E. Favoino, Composting and Greenhouse Gases: Strategic Views and a Preliminary Assessment. Bezug: Unterlagen zum Workshop "Biologische Behandlung von biologisch abbaubaren Abfällen - Technische Aspekte ", der vom 08. bis 10. April 2002 in Brüssel stattfand sowie unter europa.eu.int/comm/environment/waste/compost/seminar02040810.htm. (SR)

Quelle: H&K 02-2-131

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