Ausschluss von Komposten auf Extensivierungsflächen ohne europarechtlichen Hintergrund

In verschiedenen Programmen der Bundesländer zur Förderung von Agrarumweltmaßnahmen wird der Einsatz von Kompost eingeschränkt bzw. vollkommen ausgeschlossen. Als Begründung wird all zu oft Europarecht angeführt. Tatsächlich gibt es dort aber keinen Hintergrund.

Beispiel: das bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP). sowie die Förderbereiche Grünlandextensivierung, Acker- und Dauerkulturextensivierung in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn in Bayern die Ausbringung von Bioabfällen, deren Bestandteile allein aus land- bzw. forstwirtschaftlich oder gartenbaulich genutzten Flächen stammen, ausnahmsweise gestattet wird oder in Nordrhein-Westfalen nach Einschätzung des Umweltministeriums weniger als 100 Hektar Fläche von den Regelungen betroffen sind, ändert dies an der grundsätzlichen Kritik nichts. Im folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, ob Vorgaben zur Einschränkung der Anwendung von Kompost europarechtlich begründet sind.

Hintergrund ist die Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen (Abl. L 160 vom 26. Juni 1999) mit Berichtigungen aus dem Jahr 2000 (Abl. L 302 vom 01.12.2000).

Die Verordnung legt gemäss Artikel 1 den Rahmen für die gemeinschaftliche Förderung einer nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums fest. Die Beihilfen für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten und deren Umstellung werden nach Artikel 2 auch für die Erhaltung und Förderung eines hohen Naturwerts und einer nachhaltigen und umweltgerechten Landwirtschaft gewährt.

Die Beihilfen für landwirtschaftliche Produktionsverfahren, die auf den Schutz der Umwelt und die Erhaltung des ländlichen Lebensraums ausgerichtet sind (Agrarumweltmaßnahmen), sollen nach Artikel 22 zur Verwirklichung der Ziele der Agrar- und Umweltpolitik der Gemeinschaft beitragen. Ziel der Beihilfen ist es,

  • eine Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen zu fördern, die mit dem Schutz und der Verbesserung der Umwelt, der Landschaft und ihrer Merkmale, der natürlichen Ressourcen, der Böden und der genetischen Vielfalt vereinbar ist,
  • eine umweltfreundliche Extensivierung der Landwirtschaft und eine Weidewirtschaft geringer Intensität zu fördern,
  • bedrohte, besonders wertvolle landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaften zu erhalten,
  • die Landschaft und historische Merkmale auf landwirtschaftlichen Flächen zu erhalten und
  • die Umweltplanung in die landwirtschaftliche Praxis einzubeziehen.


Die Beihilfen werden Landwirten gewährt, die sich für mindestens fünf Jahre verpflichten, Agrarumweltmaßnahmen durchzuführen. Die Verpflichtungen sollen über die Anwendung der guten landwirtschaftlichen Praxis im üblichen Sinne hinausgehen. Sie betreffen Dienstleistungen, die im Rahmen anderer Fördermaßnahmen wie Marktstützungsmassnahmen und den Ausgleichszulagen nicht vorgesehen sind. Eine genauere Beschreibung entsprechender Anforderungen erfolgt in der Verordnung nicht.

Weiterhin werden Beihilfen gemäß Artikel 37 nur für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums gewährt, die dem Gemeinschaftsrecht entsprechen. Diese Maßnahmen müssen mit den anderen Gemeinschaftspolitiken und den im Rahmen dieser Politiken durchgeführten Maßnahmen kohärent sein. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus gemäß Verordnung für die Gewährung der Gemeinschaftsbeihilfen für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums zusätzliche oder restriktivere Bedingungen festlegen, sofern diese den Zielsetzungen und Anforderungen der Verordnung entsprechen.

Die Verwertung von organischen Abfällen und die Anwendung von Kompost entspricht dabei vollständig den Zielen der Europäischen Gemeinschaftspolitik, wie dies beispielsweise in der Richtlinie 1999/31/EC des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus ist es explizites Ziel der EU, die Kompostierung und Anwendung von Kompost zukünftig noch weiter zu fördern (vgl. Arbeitsdokument "Biologische Behandlung von biologisch abbaubaren Abfällen", Generaldirektion Umwelt, Abteilung ENV.A.2 Nachhaltige Ressourcen).

In Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 wird zusätzlich, auch für Agrarumweltverpflichtungen, auf die Durchführungsbestimmungen entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 verwiesen. Die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds enthält jedoch keine Vorgaben zu einem etwaigen Einsatz oder einer Beschränkung von Düngemitteln.

Bleibt die Verordnung (EG) Nr. 1750/1999 der Kommission vom 23. Juli 1999 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) (Abl. L 214 vom 13.08.1999). Dort heißt es in Artikel 17 lediglich sehr allgemein, dass Zahlungen nur dann von einer Begrenzung des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln oder sonstigen Betriebsmittels abhängig gemacht werden könnten, wenn solche Begrenzungen technisch und ökonomisch messbar seien.

Im Anhang der Verordnung haben die Mitgliedstaaten zur Beschreibung der zur Durchführung von Entwicklungsplänen für den ländlichen Raum erwogenen Maßnahmen für Agrarumweltverpflichtungen lediglich präzise Angaben zu den Verpflichtungen für die Landwirte und sonstigen Bedingungen im Rahmen der Vereinbarung sowie zu möglichen Kombinationen von Verpflichtungen und Sicherstellung der Kohärenz zwischen den Verpflichtungen zu machen. Es werden keine Angaben zu einer eventuellen Einschränkung von Düngemitteln gefordert.
Bleibt festzuhalten, dass die EU-rechtlichen Regelungen als Rahmenregelungen keinesfalls eine Einschränkung der Anwendung von Komposten oder sogar ein Verbot fordern. Im Gegenteil ist die Politik der Europäischen Union darauf ausgerichtet, die Anwendung von Kompost zu fördern.

Aus Gründen der Nachhaltigkeit und der Ressourcenschonung sollten Düngemittel aus sekundären Rohstoffen (Recyclingprodukte) deshalb auch in Deutschland gefördert und nicht benachteiligt werden. Kompost ist kein chemisch-synthetisches Düngemittel. Kompost wird in der Landwirtschaft vielmehr als sogenannter Grunddünger (P, K, Mg, Ca) eingesetzt und ist in Nutzwert und Wirkung mit Düngemitteln aus Primärrohstoffen vergleichbar. Im Rahmen der Förderung einer markt- und standortangepassten Landbewirtschaftung sollte Kompost daher mit anderen zugelassenen Düngemitteln gleichgestellt werden.

Der Gleichheitsgrundsatz gebietet außerdem, die nach Düngemittelrecht zugelassenen Düngemittel im Rahmen des Förderprogramms gleich zu behandeln und nicht ganze Gruppen von Düngemitteln, wie z. B. Sekundärrohstoffdünger, willkürlich auszuschließen. Ein solcher Ausschluss wäre nur dann geboten, wenn entweder eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung in Frage stünde, oder wenn der Einsatz solcher Düngemittel der Zielstellung der Förderabsicht widerspräche. Weder eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung noch die Zielsetzung der Förderabsicht steht beim Einsatz von qualitativ hochwertigen Komposten jedoch in Frage. Und: Für gütegesicherten Kompost bestehen ausreichende Qualitätskontrollen.

Natürlich kann in den Bundesländern oder einzelnen Regionen der Länder die Relevanz der Förderung bzw. der förderfähigen Flächen unterschiedlich sein. So kann es sein, dass z. B aufgrund hoher Viehbestände je ha und damit hohem Anfall von Wirtschaftsdüngern der Einsatz externer Düngemittel eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. Dies rechtfertigt allerdings nicht, Komposte als Düngemittel grundsätzlich zu verbieten. Überall dort, wo auch nach den Zielsetzungen der Extensivierung eine Düngung geboten oder erforderlich ist, sollte auch mit Kompost gedüngt werden können. (SR)

Quelle: H&K 2/2002, S.100

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