Mit der Forderung, den biogenen Anteil gemischter Siedlungsabfälle als Biomasse anzuerkennen, hat die Interessengemeinschaft Thermischer Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD) ein Statuspapier zum Klimaschutz vorgestellt. Darin weist ITAD auf das Energiesteigerungs- und Optimierungspotential der Müllverbrennungsanlagen hin, das nur genutzt werden könne, wenn die Energie aus Abfall einen entsprechenden Stellenwert erhalte und gefördert werde.
ITAD fordert daher, den biogenen Kohlenstoffgehalt von 62 % im Abfall als Biomasse anzuerkennen. Über diesen Zwischenschritt will die Interessengemeinschaft letztlich die Anerkennung des biologischen Anteils als förderfähige erneuerbare Energiequelle erreichen. Grundlage hierfür sei die im Oktober 2001 in Kraft getretene EG-Richtlinie zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien im Elektrizitätsbinnenmarkt (EE-Richtlinie), die diese Anerkennung und Förderung möglich mache.
Auch die Befreiung von der Ökosteuer hält die Interessengemeinschaft für einen richtigen Ansatz. Die Interessengemeinschaft beklagt, dass thermische Abfallbehandlungsanlagen von der Energiewirtschaft gegenwärtig eine Stromvergütung von lediglich 1,5 bis 2,5 Cent pro kWh erhielten. Die nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) subventionierten Biomassekraftwerke hingegen erhielten eine Stromvergütung zwischen 7 und 8 Cent pro kWh. ITAD setzt sich deshalb dafür ein, den biogenen Abfallanteil bei der nationalen Umsetzung der EE-Richtlinie bis Oktober 2003 in den Begriff der Biomasse einzubeziehen.
Damit wären die Regelungen zur Stromvergütung deutlich weiter gefasst als im bundesdeutschen EEG. Dort gilt die Abnahme- und Vergütungspflicht nur für Strom, der ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern hergestellt worden ist (Ausschließlichkeitsprinzip). ITAD weist diese Regelungen als ineffizient zurück. Müllverbrennungsanlagen müssten danach eine gesonderte Erfassung des Materials und eine Monoverbrennung dieser Stoffe sicherstellen, so der Verband.
Das Ansinnen der ITAD ist interessenpolitisch sicherlich verständlich. Unterschlagen wird jedoch, dass das Ausschließlichkeitsprinzip des EEG so unsinnig nicht ist. Es verhindert nämlich, dass auch ungeeignete Stoffe förderfähig werden.
Ein Großteil der im gemischten Hausmüll enthaltenen biogenen Anteile sind Bioabfälle im Sinne der Bioabfallverordnung. Diese sind gemäß Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) getrennt zu erfassen und stofflich zu verwerten. Eine thermische Verwertung im Sinne des KrWAbfG ist aufgrund der für solche Stoffe typischer Weise hohen Wassergehalte ausgeschlossen. Eine finanzielle Förderung der Verbrennung solcher Art „Biomasse“ würde die Lenkungsfunktion des KrW-AbfG daher geradezu konterkarieren.
Statt der getrennten Sammlung und stofflichen Verwertung von Bioabfällen, wie sie in den vergangenen Jahren in Deutschland weitgehend flächendeckend etabliert worden ist, würden Anreize geschaffen, die getrennte Sammlung aufzugeben und Bioabfälle zusammen mit Restmüll wieder in einem einzigen Sammelgefäß zu erfassen.
Selbst wenn ein solches Gemisch allein oder nach Vorbehandlung die für eine „thermische Verwertung“ erforderliche KJ-Schwelle überschreiten würde, wäre dies – zumindest für die Fraktion des Bioabfalls – keine Verwertung im Sinne des KrW-AbfG. Der Heizwert des Hausmülls wird durch die Miterfassung von Bioabfällen nämlich deutlich reduziert. Eine „Mehr“ an thermischer Verwertung wäre also nicht gegeben.
Eine Bezuschussung nach dem EEG ist nicht begründbar. Im Gegenteil: Die Miterfassung von spezifisch nassen Bioabfällen führt zu einer Verschlechterung des Heizwertes des Abfallgemisches und einem Verlust an sekundären Rohstoffen (Bioabfällen), die als Ausgangsstoffe für die Herstellung von Düngemitteln und Bodenverbesserungsmitteln verloren gehen.
In diesem Zusammenhang ist nicht allein auf die Pflichten nach dem KrW-AbfG abzustellen. Es muss auch verdeutlicht werden, dass die getrennte Erfassung uns stoffliche Verwertung von Bioabfällen wirklich sinnvoll ist. Die Gründe erschöpfen sich keineswegs in der Preiswürdigkeit der Entsorgung, der Schonung von Deponiekapazität oder den Ablagerungsvoraussetzungen ab 2005.
Wesentliche Argumente für die getrennte Sammlung und stoffliche Verwertung von Bioabfällen sind die Handlungsmaximen des Ressourcenschutzes, des gesteuerten Wirtschaftens mit sekundären Rohstoffen (Nachhaltigkeit) und die Gewinnung von Humusstoffen als Mittel für eine vorsorgende Bodenpflege.
Das im KrW-AbfG enthaltene Gebot der getrennten Erfassung und Verwertung verwertbarer Stofffraktionen ist also kein Selbstzweck. Es hat eine Lenkungsfunktion, die eine langfristig nachhaltige Wirtschaftsweise gegenüber kurzfristigen ökonomischen Interessen absichert.
Dass auch Verbrennungsanlagen nasse und damit schwere Bioabfälle gerne über ihre Eingangswaage abrechnen würden ist nachvollziehbar. Und: Sogar ausgelastete Anlagen könnten durch Verringerung des Heizwertes des Abfallgemisches ihren Durchsatz erhöhen. Anreize sind also da. Man muss nicht nach den EEG-Sternen greifen. (KE)
H&K 02-4-275